Palästinenser wählen kommunal

Auftakt in 26 Gemeinden im Westjordanland. Israels Arbeitspartei stimmt einer Regierungsbeteiligung zu. Armee rückt in Chan Junis ein. Blair zu Besuch in Israel

BERLIN rtr/dpa ■ Im Westjordanland sind ab heute erstmals seit 22 Jahren Palästinenser zur Kommunalwahl aufgerufen. In der ersten Runde sollen zunächst neue Vertreter in 26 Gemeinden bestimmt werden. Die Autonomiebehörde werde 1.000 Polizisten einsetzen, um den ungestörten Ablauf zu sichern, sagte Kommunalminister Dschamal Schubaki gestern. Am 27. Dezember sind dann zehn Wahlkreise im Gaza-Streifen dran. Mit Hinweis auf die israelische Besatzung lässt die Palästinenserführung in mehreren Phasen wählen. Ein anderer Grund ist, dass radikale Gruppen in einigen Gemeinden als ernste Konkurrenz der regierenden Fatah gelten.

Bei einem neuen Vorstoß im Flüchtlingslager Chan Junis haben israelische Soldaten gestern Morgen einen Palästinenser erschossen. Nach Armeeangaben war der Mann bewaffnet. Der Einsatz sei eine Reaktion auf fortgesetzte Angriffe mit Mörsergranaten und Raketen, erklärte ein Sprecher. Es sei geplant, leere Häuser abzureißen, die palästinensischen Kämpfern als Deckung dienten. Bewohner eines Viertels wurden zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert.

In Jerusalem trafen sich gestern der britische Premier Tony Blair und Israels Ministerpräsident Ariel Scharon. Sie wollten über eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensplans sprechen. Bei einem Treffen in Ramallah mit PLO-Chef Mahmud Abbas sagte Blair, er wolle der Palästinenserführung mit einer internationalen Nahostkonferenz bei grundlegenden Reformen helfen. Voraussetzung für neue Friedensgespräche sei jedoch der Kampf gegen Terrorismus. Abbas begrüßte Blairs Vorschlag, forderte aber zugleich von Israel, Militäreinsätze zu beenden.

Inzwischen hat das Zentralkomitee der israelischen Arbeitspartei dem Koalitionsvertrag mit dem Likud von Premier Scharon zugestimmt. Der Vertrag sei mit überwältigender Mehrheit angenommen worden, hieß es. Indes bleibt die von Scharon geplante Räumung des Gaza-Streifens, wegen der seine vorige Koalition zerbrach, umstritten: Einer Umfrage zufolge unterstützen rund 43 Prozent der 7.000 Siedler im Gaza-Streifen den Aufruf zu passivem Widerstand. 11 Prozent wollten sich sogar „physisch“ gegen ihre Evakuierung wehren, berichtet Jediot Ahronot.