11. 3.-Ausschuss klappt Akten zu

Spaniens Parlament beendet Untersuchung der Anschläge in Madrid. Im Bericht, der am 1. Jahrestag vorliegen soll, wird wenig über die Vorbereitung der Attentate stehen

MADRID taz ■ Der Untersuchungsausschuss des spanischen Parlaments zu den Anschlägen auf die Pendlerzüge in Madrid am 11. März hat gestern Abend seine Arbeit eingestellt. Dies beschlossen die regierenden Sozialisten mit Zustimmung der kleinen Parteien. Nur die Volkspartei (PP) verlangte weitere Vorladungen. Die Konservativen hätten gern Polizisten und Polizeiinformanten über Sprengstoffkäufe des Terrorkommandos befragt. Die Fraktionen können jetzt bis zum 28. Februar ihre Erkenntnisse aufarbeiten. Der Abschlussbericht soll auf Wunsch der Regierung Zapatero am 1. Jahrestag der Anschläge vorgelegt werden.

Der Ausschuss wusch vor allem schmutzige Wäsche: Die seit ihrem überraschenden Wahlsieg drei Tage nach den Attentaten regierenden Sozialisten versuchten erneut zu beweisen, dass die PP-Regierung Informationen unterdrückte, um den Verdacht auf die baskischen ETA-Separatisten zu lenken. Die PP habe so ihre Abstrafung für die Beteiligung am Irakkrieg verhindern wollen, die Spanien erst ins Blickfeld der Islamisten gerückt habe.

Die PP-Abgeordneten wiederum versuchten nachzuweisen, dass die Sozialisten die Stimmung im Land manipulierten, um die Wahl zu gewinnen. Der Beweis: Demos vor den PP-Lokalen, zu denen per SMS und E-Mail aufgerufen wurde, sowie der Bericht über einen Selbstmordattentäter, den Radio SER unter Berufung aus „Sicherheitskreise“ lancierte. Der Kamikaze stellte sich später als Ente heraus.

Für die Angehörigen der 192 Toten und über 2.000 Verletzten ist klar, wie sie die Arbeit der Parlamentarier bewerten. „Der Ausschuss hat seine Aufmerksamkeit auf die Tage zwischen dem 11. und 14. März gerichtet. Was ist vor dem 11. März passiert, damit solch eine Barbarei möglich war?“, will Angehörigensprecherin Pilar Manjón wissen.

Vieles wäre für immer vertuscht worden, hätte die El Mundo nicht aufgedeckt, dass verschiedene Polizeispitzel schon im Vorfeld die Behörden von den geplanten Anschlägen unterrichteten. So wusste die Polizei in Asturien seit 2001, dass ein früherer Bergarbeiter Käufer für Dynamit suchte. Die Infos, teils Kassettenmitschnitte, verschwanden in der Schublade.

REINER WANDLER

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