Golddamen nur für Mitglieder

Trotz Olympiasieg der Hockey-Frauen ist von einem Aufschwung der Randsportart wenig bemerkbar. Das Gold-Team von Athen feiert trotzdem: „Wir werden nicht mehr so oft mit Eishockey verwechselt“

„Nur für Mitglieder“ steht am Eingangstor der Vereinsanlage von Rot-Weiß Köln

AUS KÖLNCHRISTIANE MITATSELIS

Zur Mannschaft des Jahres wurden sie unlängst von den deutschen Sportjournalisten gekürt. Mit großem Abstand siegten sie vor den mit olympischem Silber dekorierten Handball-Männern. Hübsch in Schale geworfen hatten sich die Damen deshalb bei der Gala in Baden-Baden. Manch ein Kleid sah zwar ein bisschen aus, als stamme es noch aus der Tanzschulzeit. Doch das machte nichts. Strahlend standen die Hockey-Damen da – und umgehend kehrte die Erinnerung zurück an jenen wunderbaren 26. August in Athen, an dem sich auch ein völlig unbeteiligter Zuschauer nicht gegen eine Gänsehaut erwehren konnte.

Es war eine Sensation, ein Wunder, es war irgendwie alles: 2:1 besiegten die deutschen Außenseiterinnen die mächtigen Favoritinnen aus Holland im olympischen Endspiel. „Nur in unseren Träumen“, sagt die Kölnerin Heike Lätzsch, hätten sie und ihre Kolleginnen überhaupt an eine Halbfinalteilnahme geglaubt. „Dies war Olympia, das schöne idealistische Olympia“, jubilierte die Süddeutsche verzückt und meinte wohl: Die deutschen Hockey-Damen waren edle, ehrliche Siegerinnen bei den von Dopingfällen kontaminierten Spielen in Griechenland. Vier Monate sind seitdem vergangen. Natürlich hofften die Olympiasiegerinnen, dass es dem Deutschen Hockey-Bund irgendwie gelingen könnte, den olympischen Donnerschlag zur besseren Vermarktung zu nutzen.

Es tat sich kaum etwas. Zwar konnte der Verband einen neuen Hauptsponsor gewinnen, am Alltag der Hockey-Damen hat sich jedoch wenig geändert, sie führen weiterhin ein Nischendasein, müssen Beruf und Sport unter einen Hut bringen. Im Schnitt 100 Zuschauer sehen die Spiele des Deutschen Vize-Meisters Rot-Weiß Köln, bei dem mit Franziska Gude, Heike Lätzsch und Marion Rodewald gleich drei Olympiasiegerinnen spielen. Kölns Coach Wolfgang Kluth, im Zweitjob Co-Trainer der deutschen Damen-Nationalmannschaft, sieht einen kleinen Fortschritt. „Es gibt inzwischen mehr Leute, die mit Hockey etwas anfangen können. Wir werden nicht mehr so oft mit Eishockey verwechselt.“ Immerhin.

Die Vereine sind jedoch weiterhin eher unbeweglich. Die Kommunikation untereinander ist nicht optimal. Als die Golddamen im September in den „Klubs der Besten“ geladen wurden, konnte sich die Bundesliga nicht auf eine Verlegung des Spieltages einigen. Außerdem sei es immer noch so, meint Kluth, dass die meisten Klubs sehr elitär seien und sich gern abschotteten. „Nur für Mitglieder“ steht beispielsweise wenig einladend auf einem Schild am Eingangstor der Vereinsanlage von Rot-Weiß Köln geschrieben. Das ist so üblich bei vielen deutschen Hockey-Vereinen, die in der Regel hohe Aufnahmegebühren von ihren Mitgliedern verlangen.

„Es wäre schön, wenn aber wenigstens zu den Spielen der Nationalmannschaft mehr Zuschauer kämen“, meint Kluth. Das so etwas möglich ist, durften er und seine Spielerinnen vor gut einem Monat bei der Champions Trophy in Argentinien, dem Land der Weltmeisterinnen erleben. „Las Leonas“ (die Löwinnen), nennen sich die nationalen Hockey-Damen dort, sie sind fast so populär wie ihre männlichen Fußball-Kollegen. Im Schnitt 8.000 Zuschauer sahen die Begegnungen der Champions Trophy, die in Rosario stattfand. In Deutschland freut man sich schon, wenn die Besucherzahl überhaupt mal vierstellig ist.

Die neu formierte, nacholympische deutsche Damen-Nationalmannschaft besiegte die argentinischen Löwinnen sogar mit 2:0 – und schloss das Turnier nach Finalniederlage gegen Holland als Zweite ab. Eigentlich wieder eine Sensation, die in Deutschland jedoch nur am Rande wahrgenommen wurde. Anders sah es im Gastgeberland aus. „In Argentinien“, schwärmt Kluth, „werden die Hockeyspiele, höchst professionell, mit sieben, acht Kamera-Perspektiven im Fernsehen übertragen. Davon können wir hier nur träumen.“

Auch in Rosario zelebrierten die Hockeydamen am Ende aber eine schöne Party. „Feiern“, sagt Kluth, gehöre einfach zum Hockey dazu. In Baden-Baden soll der harte Kern bis sechs Uhr Morgens durchgehalten haben.