Ein Vertreter der alten Ordnung

Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824) hat Köln seine Kunstsammlung vermacht. Am 27. Dezember 1797 wurde der Gelehrte von den französischen Behörden als Rektor der Kölner Universität geschasst

Von Bruno Knopp

Kennen Sie noch den Spatz vom Wallrafplatz? Der flog in den Siebzigerjahren durch die gleichnamige ARD-Kindersendung und erklärte die Welt. Doch wer war dieser Wallraf, nach dem der Platz nahe am Kölner Dom benannt ist? Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824) war Theologe, Gelehrter, begeisterter Kunstsammler und für einige Jahre Rektor der Kölner Universität. Aus diesem Amt entließen ihn die französischen Besatzer am 27. Dezember 1797. Zuvor hatte er sich geweigert, den Eid auf die französische Republik abzulegen.

Der hoch angesehene Wallraf verherrlichte das alte reichsstädtische Köln, das die französischen Revolutionstruppen 1794 kampflos besetzt hatten. Dieser Machtwechsel fegte in den folgenden Jahren wie ein Sturm das antiquierte und marode Herrschaftssystem der Stadt hinweg. Juden bekamen das volle Bürgerrecht, nachdem der Kölner Rat sie 1424 endgültig aus Köln vertrieben hatte. Auch Protestanten konnten sich nun wieder in der Stadt ansiedeln und ihre Religion ausüben. Diese beiden Gruppen brachten als erfolgreiche Bank- und Geschäftsleute neue Sichtweisen sowie Kapital in die Stadt.

Die Vertreter der alten Ordnung, unter ihnen Wallraf, wussten in dieser Zeit nicht, wo ihnen der Kopf stand. Vier Monate nach Wallrafs Entlassung schlossen die Franzosen die 400 Jahre alte Kölner Universität. An ihrer Stelle eröffneten sie eine „Zentralschule“, welche Alma Mater und Kölns Gymnasien vereinigte. So wollten die Franzosen den lähmenden katholischen Geist aus dem Bildungssystem vertreiben. Auch der Gregorianische Kalender hatte ausgedient. Im Sommer 1798 ersetzen ihn die neuen Herren durch den Republikanischen Kalender. In diesem besaß ein Monat nur noch drei Ruhetage anstatt der bisherigen vier Sonntage. Acht Jahre später versöhnte sich Napoleon jedoch mit der Amtskirche und führte die alte Zeitrechnung wieder ein.

Zuvor musste die „Heilige Mutter Kirche“ jedoch ihren größten Rückschlag hinnehmen, der gleichzeitig den Patrioten Ferdinand Franz Wallraf zum Kölner Helden machte: den Einzug des kirchlichen Vermögens durch den Staat, Säkularisation genannt. Viele Kirchen wurden samt Einrichtung auf Abbruch verkauft oder in Tabaklager und Fabrikationshallen umgewandelt. Gotische Altäre und Kirchenfenster flogen auf den Sperrmüll, Händler verkauften Monstranzen an dunklen Straßenecken.

Mittendrin sammelte Ferdinand Franz Wallraf unermüdlich alle Kunstschätze auf, die er finden und erwerben konnte. Der in Köln gebürtige Kunstliebhaber brachte sie alle in seine Wohnung am Domhof. Wallraf starb im Alter von 75 Jahren im März 1824, seine Kunstschätze hatte er der Stadt vermacht.

Zwei Jahre dauerte die Sichtung seiner Sammlung, bevor sie in Kölns erstem Museum, dem „Wallrafinum“ in der Trankgasse, ausgestellt wurde. 1861 zog das Museum neben d er Minoritenkirche in einen großzügigen Neubau, der von dem Kölner Kaufmann Joachim Heinrich Richarz großzügig mitgefördert wurde.

Das Denkmal von Ferdinand Franz Wallraf, dem konservativen Vorbild etlicher Karnevalsfunktionäre, steht heute noch hier. Seine Sammlung ist inzwischen gegenüber dem Kölner Rathaus im Wallraf-Richarz-Museum zu besichtigen.