25-Quadratmeter-Durchlauferhitzer

Die Szene muss weiterziehen: Nach fünf Jahren schließt die Kiezgalerie „Taubenstrasse 13“. Mit einer Sammlungspräsentation beginnt derzeit im Kunsthaus bereits die kontrollierte Legendenbildung

Bereits 1.200 Tage nach Gründung der kleinen Kiezgalerie „Taubenstrasse 13“ fand sich die Kunst der um diesen 25-Quadratmeter-Raum kreisenden Künstler in einer großen Retrospektive im Kunstverein Harburger Bahnhof wieder. Zwei Jahre danach gibt es nun eine Präsentation mit Golddruck auf Einladungskarte und Katalog im Kunsthaus auf der Kunstmeile.

Über die Feiertage läuft dort eine ungewöhnliche Hommage an die schnelle Erfolgsstory dieses Off-Ortes. Augenzwinkernd, aber sehr erfolgreich vernetzt, wird mit dieser zukünftig als ein ständiges Archiv angelegten Sammlung an einer Legende gestrickt. Denn nicht nur die meisten der Künstler, die einst an einer der partymäßigen Ausstellungen teilnahmen, haben eine Arbeit gestiftet, auch ältere Freunde, Vorbilder und Unterstützer wie der in Paris lebende isländische Politkünstler Erró, die Professorinnen Nicola Torke und Cosima von Bonin, der Malerstar Daniel Richter und die Berufschaoten John Bock und Jonathan Meese. „Tote Frau wie Taubenscheiße“, 1980 gemalt von Martin Kippenberger, ist als Einziges nur eine – besonders passende – Leihgabe.

Von Malte Urbschats Trashmaschinen zu Kathrin Wolfs Rhinohaut, von Mette Thiessens Großzeichnungen zu den verschiedenen Videos zeigt sich, wie vielschichtig, rege und erfolgreich diese noch zu wenig bekannte Szene ist. Auch wenn einige der letzten Hamburg-Stipendiaten aus diesem Umkreis kommen: Der Kulturverwaltung dieser Stadt scheint diese Kunstszene ziemlich gleichgültig.

Die Karriere des im Sommer 1999 gegründeten Off-Kunstraums als Brennpunkt junger Kunst in Hamburg ist phänomenal, doch nach hundert Ausstellungen in oft wöchentlichem Wechsel jetzt beendet – die Szene muss weiterziehen. Obwohl es mit den ähnlich strukturierten „Hinterconti“ oder „Elektrohaus“ andere Off-Kunstorte gibt, wird vor allem die Taubenstrasse als so etwas wie ein Durchlauferhitzer für einen großen Teil der Hamburger Kunststudenten in Erinnerung bleiben.

Einer hat es geschafft, sich über die kollektiven Aktivitäten hinaus einen Namen zu machen: Tjorg Beer, zusammen mit Tatjana Greiner und Sebastian Zarius Gründer und agiler Motor der Taubenstrasse – gegen seine Effizienz wird in der Szene schon neidvoll intrigiert. Obwohl er sich mehr seiner eigenen Kunst widmen will, ist Beer auch an einer der wichtigsten diesjährigen Neueröffnungen zumindest beteiligt: als Tutor an der erstmalig ins Leben gerufenen Galerie der Hochschule für bildende Künste.

Seit Jahren wurde dort ein Raum vermisst, in dem die Studenten den Umgang mit dem „white cube“ testen können und Kontakte mit anderen Projekten und der Öffentlichkeit möglich werden. Auf Initiative von Präsident Martin Köttering wurde nun in den umgebauten Räumen des ehemaligen Präsidialbüros die „G.d.H.f.b.K.“ eingerichtet – der Name wäre vielleicht noch zu optimieren. Hajo Schiff

„Sammlung Taubenstrasse“: Kunsthaus Hamburg, Klosterwall 15; bis 2. Januar 2005, Di–So 11–18 Uhr, 31. 12. geschlossen. Begleitbuch bei Revolver, 72 S., 10 Euro; Dokumentation zu den ersten 68 Ausstellungen im Verlag der Buchhandlung Sautter + Lackmann, 192 S., 15 Euro. www.taubenstrasse13.com