wie man einen bono entschärft von RALF SOTSCHECK
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Es musste ja so kommen. Man freut sich, dass der Truthahn im Ofen und die Getränke im Kühlschrank sind, sodass man sich bald in Ruhe der Völlerei und dem Alkohol hingeben kann, da taucht plötzlich U2-Sänger Bono auf und verdirbt einem das Weihnachtsfest. Kein Fernsehsender und keine Zeitung, die einen über die Feiertage nicht mit einem Interview mit der irischen Wohltätigkeitskapelle belästigte.

Nicht genug, dass U2 mit ihrem neuen Album „How to Dismantle an Atomic Bomb“ wenige Stunden nach Erscheinen in 30 Ländern die Nummer eins in den Charts waren, obendrein hat man mir die Scheibe auch noch beim Julklapp angedreht. Und die arrogante Plappertasche Bono muss auch noch ihren Senf zu allem dazugeben. „Es geht immer um Neigung und Niedergang“, kryptelte das selbsternannte Arschloch mit Mercedes. „Alles, was wir nach ‚Joshua Tree‘ gemacht haben, war besser als alles, was wir vor ‚Joshua Tree‘ gemacht haben.“ Ein Retter der Welt muss sich nicht verständlich ausdrücken können.

Bono ist so gutmenschig, dass er nur für Dinge wirbt, hinter denen er „voll und ganz“ steht – den iPod von Apple zum Beispiel. „Wir sind große Fans von Apple, wir haben kein Geld für die Werbung genommen“, sagte Bono, vergaß aber hinzuzufügen, dass Schweine fliegen können und die Erde eine Scheibe ist. Die 23 Millionen Dollar, die eine Autofirma für die Verwendung eines U2-Songs geboten hatte, schlug die Band ebenfalls aus. „Wir wissen genau, was man für 23 Millionen kaufen kann“, sagte Bono, „aber das ist ein moralisches Risiko.“

Herrje! Die Autobauer wollten ausgerechnet das Lied „Where the Streets Have No Name“ für ihre Reklame verwenden. Das sei aber der Song, mit dem die Schlagercombo ein Konzert herumreißen könne, wenn es „wider Erwarten mal nicht so gut“ laufe, sagte Bono. „Und es wäre den Fans doch peinlich, wenn wir auf der Bühne eine Autoreklame heruntersingen.“ Ach was, U2-Fans sind hart im Nehmen, das haben sie gerade erst wieder bewiesen.

Hunderte von ihnen standen stundenlang vor einem Plattenladen in Dublin an, wo das neue Album ab Mitternacht verkauft wurde. In die anderen Läden kam es erst am nächsten Morgen. Bis dahin konnten es die Frühkäufer zu Hause schon fast neun Mal hören. Einziger Trost ist, dass U2 nicht in den Single-Charts vertreten sind. In Irland und Großbritannien ist man geradezu davon besessen, welcher Song zu Weihnachten an der Spitze der Hitparade steht. Es ist so etwas wie eine olympische Goldmedaille, die Buchmacher nehmen Wetten darauf an. In diesem Jahr war es jedoch anders, weil es von Anfang an keinen Zweifel gab, dass „Band Aid II“ das Rennen machen würde. Gegen solch geballte Wohltätigkeit zu Weihnachten kommt selbst U2 nicht an. So nahmen die Buchmacher nur Wetten auf den zweiten Platz an. Den belegten Ronan „Boyzone“ Keating und Yussuf „Cat Stevens“ Islam mit der 34. Neuaufnahme von „Father And Son“. Das Stevens-Original kam damals noch als Schellackplatte heraus, selbst der Remake von Boyzone ist zehn Jahre alt.

Im Vergleich dazu ist U2s „Wie man eine Atombombe entschärft“ beinahe originell. Möge das neue Jahr einen Hinweis darauf geben, wie man einen Bono entschärft.