Verfassungsgericht kippt geändertes Wahlgesetz

BULGARIEN Für Parteienbündnisse bleibt es bei der Vierprozenthürde. Opposition sieht sich gestärkt

BERLIN taz | Parteienbündnisse in Bulgarien benötigen künftig vier Prozent der Stimmen, um ins Parlament einziehen zu können. Das Verfassungsgericht in Sofia kippte am Dienstagabend eine Wahlgesetzänderung, die Mitte April mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien, der Sozialistischen Partei (BSP) und der Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS) sowie einiger Abgeordneter der Opposition beschlossen worden war.

Der Neufassung des Gesetzes zufolge sollte für Parteienbündnisse künftig eine Achtprozenthürde gelten. Zudem werden von 240 Abgeordneten fortan 31 Volksvertreter durch Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen bestimmt. Diese Bestimmung erklärten die obersten Richter für verfassungskonform.

Die Achtprozenthürde hatten Vertreter des rechtsliberalen Lagers als unverhohlenen Versuch der Regierung gewertet, die Opposition weiter zu schwächen. Ihren Gang vor das Verfassungsgericht hatten sie auch mit dem Argument begründet, dass derart tiefgreifende Änderungen kurz vor den Parlamentswahlen – diese finden am 5. Juli statt – unzulässig seien. Bezüglich der Einführung von Elementen des Mehrheitswahlrechts wurde moniert, dass es unter den 31 Einerwahlkreisen sowohl solche mit 100.000 als auch mit 400.000 Stimmberechtigten gebe. Gegen die Einführung der erhöhten Sperrklausel hatte Staatschef Georgi Parwanow ein Veto eingelegt, das im Parlament überstimmt wurde.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts sei vor allem ein Schlag gegen den BSP-Fraktionsvorsitzenden Angel Naidenow, unter dessen Federführung die Änderung auf den Weg gebracht worden war, schreibt das bulgarische Internetnachrichtenportal mediapool. Naidenow zeigte sich von dem Urteil überrascht. Schließlich begrenze jede Sperrklausel den Pluralismus. Doch das sei bisher nicht als verfassungswidrig angesehen worden.

„Mit der Einführung der Achtprozenthürde hat die Regierung versucht, den Wählern das Recht zu entziehen, sie abzuwählen, sagte Iwan Kostow, Vorsitzender der rechtsliberalen Partei „Demokraten für ein starkes Bulgarien“ (DSB). Die Gerichtsentscheidung zeige jedoch, das die Regierenden gegen die Opposition nachweislich mit undemokratischen Mitteln vorgehe.

BARBARA OERTEL