Sensation in Pforzheim

Nach unendlichen Querelen ist nun die Zucht von Kurzhalsgiraffen gelungen

An eine Kreuzung von Giraffen mit Zwergponys war nicht zu denken

PFORZHEIM taz ■ Der Pforzheimer Tierpark wird Anfang des kommenden Jahres mit einer weltweit einzigartigen Neuzüchtung Touristen anlocken können: Giraffen mit extra kurzen Hälsen. Ursprünglich war diese Neuerung schon vor knapp zwei Jahren geplant (Die Wahrheit berichtete am 18. 12. 2002), doch die Ausführung des Vorhabens scheiterte an internen Streitereien und am internationalen Protest verschiedener Tierschutzorganisationen. Doch nun scheint die Bahn frei und die öffentliche Präsentation der Kurzhalsgiraffen in greifbare Nähe gerückt.

„Die Idee kam uns eigentlich nur, weil unser Etat nicht ausreichte, um die Decke des Giraffenhauses zu erhöhen“, so Norbert Bernhard (52), Leiter des Tierparks. Das Giraffenhaus diente ursprünglich der Unterbringung von Schottischen Hochlandrindern und war für die im Jahre 1997 erworbene Giraffengruppe völlig ungeeignet. „Die haben sich immer die Köpfe an der Decke gestoßen“, so Bernhard, „es war ein Jammer.“

Da ein Umbau des Giraffenhauses aus finanziellen Gründen nicht möglich und der Anblick der Giraffen mit Blutergüssen auf den Köpfen für die Besucher des Tierparks nicht attraktiv war, musste nach einer anderen Lösung gesucht werden. „Die Giraffen mussten einfach kürzer werden“, erzählt Bernhard.

Der erste Versuch, der Giraffendame „Chopard“ den Hals operativ zu verkürzen, scheiterte kläglich und endete mit dem Tod des Tieres. Ein Thema, über das Bernhard nicht gerne spricht: „Darüber spreche ich nicht gern.“ Auch die Versuche, dem Weibchen „Lacoste“ und dem Männchen „Boss“ die Beine abzuschneiden, waren nicht von Erfolg gekrönt. Beide mussten nach einiger Zeit von ihren Leiden erlöst werden. Ein Thema, über das Bernhard auch nicht gerne spricht: „Darüber spreche ich auch nicht gerne.“ Bernhard nestelt an seiner geschmackvollen Krawatte und lächelt verlegen, beinahe jungenhaft. „Wissen Sie, wir standen ja erst am Anfang unserer Versuchsreihe, da kann schon mal etwas schief gehen.“

Zu der Zeit fingen auch die internen Streitigkeiten zwischen Bernhard und dem Förderverein des Tierparks an. Denn der Vorsitzende des Fördervereins und Hauptsponsor verlangte nun, die Ziegen aus dem Streichelzoo zu erhöhen. Darüber regt sich Bernhard heute noch manchmal auf: „Was für ein Unfug! Erhöhte Ziegen … Das war für mich ethisch und moralisch nicht zu vertreten. Außerdem waren wir ja noch mit den Kürzungen bei den Giraffen zugange.“ Bernhard weigerte sich. Die Folge war, dass die Zuschüsse empfindlich gekürzt wurden.

Dennoch arbeitete das Team um Bernhard eifrig und unermüdlich weiter. Da die operativen Methoden versagt hatten, wollte man es nun mit Zuchtkreuzungen versuchen. An eine Kreuzung von den Giraffen mit den Zwergponys war nicht zu denken. „Zwischen denen stimmte einfach die Chemie nicht.“ Außerdem waren nach den bisher gescheiterten Versuchen nur noch drei Giraffen – ein Männchen und zwei Weibchen – übrig, sodass man sich weitere Fehlschläge und Verluste nicht erlauben konnte.

„Dann kam mir eine Idee“, so Bernhard zur Wahrheit. „Ich hatte im Fernsehen mal gesehen, dass Giraffen sich gut mit Zebras verstehen. Und im Zoo von Prag gibt es einen Tapirhengst, das wusste ich. Tapire sind ja auch so eine Art Zebras, und die haben noch viel kürzere Hälse als Zebras. Die Giraffen jetzt mit Zebras zu kreuzen war mir einfach zu billig! Zebras gibt es ja überall! Außerdem haben Tapire wirklich noch kürzere Hälse als Zebras!“

Der Rest war einfach: Bernhard schickte die Giraffendame „Ferrari“ mit einem besonderen Tiertransport in den Prager Zoo. „Das war sehr kostenaufwändig und es kostete mich eine große Überzeugungsarbeit, dem Vorstandssprecher unseres großartigen und großzügigen, wundervollen und liebenswerten Fördervereins dafür die nötigen Dollars abzuschwatzen. Aber es hat sich gelohnt! Außerdem bin ich heute eigentlich doch der Meinung, dass Ziegen mit zwei Meter hohen Beinen doch kein Unfug sind.“ Bernhard lächelt wieder verlegen wie ein Schuljunge und nestelt an seiner schönen Krawatte: „Man kann seine Meinung doch auch mal ändern, oder?“ Ferrari und der Tapirhengst „Gucci“ verstanden sich auf Anhieb großartig.

Das Pforzheimer Morgenecho berichtete am 17. 12. 2004: „Durch die geschickte Kreuzung von Tapiren und Giraffen entstand nun eine neue Giraffenart mit Hälsen, die eine Länge von 50 cm nicht überschreiten. ‚Das sieht zwar komisch aus, aber was soll’s‘ “, resümierte Norbert Bernhard (52) gegenüber dem Pforzheimer Morgenecho. Im Januar 2005 werden die Tiere erstmals im Wildpark Pforzheim der Öffentlichkeit vorgestellt.

Nun hat der Tierpark in Pforzheim zwar das Problem, die zweieinhalb Meter großen Ziegen umzusiedeln, „Aber das kriegen wir auch noch in den Griff!“, sagt Norbert Bernhard zuversichtlich. CORINNA STEGEMANN