Kaffeetrinker zahlen künftig mehr

Nach jahrelangen Tiefpreisen wird Kaffee jetzt teurer: Ab der kommenden Woche soll das Pfund bis zu 70 Cent mehr kosten. Die Bohnen sind derzeit besonders gefragt. Das freut die Produzenten in Brasilien oder Vietnam. Doch für viele ist es zu spät

AUS BERLIN MARINA MAI

Wer eine Tasse Kaffee braucht, um munter zu werden, muss im kommenden Jahr tiefer in die Tasche greifen. Die großen Kaffeeproduzenten von Kraft Foods bis Tchibo haben für Januar Verteuerungen um 50 bis 70 Cent für die 500-Gramm-Packung angekündigt. Damit kippt ein Trend zu immer billigerem Kaffee, der seit Mitte der 90er-Jahre anhielt.

Der Preis für die aromatischen Bohnen fiel dieses Jahr auf einen historischen Tiefstand. Derzeit kostet ein Pfund Kaffee nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands 2,82 Euro. Im Jahr 2003 hatte der Preis noch bei 3,00 Euro gelegen, nach 3,06 Euro im Jahr davor. Grund für den Preisfall: Über Jahre überstieg die Kaffeeproduktion den weltweiten Verbrauch um 15 Prozent.

Was für uns Verbraucher ein Segen war, war für die Kaffeebauern in tropischen Hochlandregionen Brasiliens, Kolumbiens, Vietnams und Äthiopiens ein Fluch. Sie waren gezwungen, ihr Produkt über viele Jahre unter den Produktionskosten anzubieten. Die Folge ist bittere Armut. Allein in Kolumbien sollen zwei Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen sein, sagt der Präsident des kolumbianischen Kaffeepflanzerverbands, Gabriel Silva. „In Regionen, wo es einst gesunde Plantagen gab, sind Verzweiflung, Gewalt und Unsicherheit gewachsen.“ Hier pflanzen die oft hoch verschuldeten Kleinbauern zunehmend Schlafmohn und Kokasträucher zwischen die Kaffeebäume. Andere Bauern sind in die Slums der Städte abgewandert.

Weniger Kaffeebauern bedeuten kleineres Angebot an aromatischen Bohnen. Aber auch die Nachfrage an Kaffee stieg, vor allem in Russland und China. In Europa haben die Herstellerfirmen versucht, den Verbrauch durch den Verkauf von Espressomaschinen anzukurbeln. Wer die benutzt, gibt mehr braunes Pulver in die Tasse als Nutzer herkömmlicher Kaffeemaschinen. Und, so die Hoffnung der Produzenten, wer sich einmal an den Espresso-Geschmack gewöhnt, will ihn nicht mehr missen.

Weltweit überstieg in diesem Jahr erstmals seit zehn Jahren die Nachfrage nach Kaffee wieder das Erntevolumen. Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes betrug die weltweite Ernte 6,06 Millionen Tonnen, die Nachfrage 6,78 Millionen Tonnen. Das führt trotz riesiger Depotbestände vor allem in Vietnam bereits seit dem Frühjahr zu Preissteigerungen bei Rohkaffee, die den übrig gebliebenen Kaffeebauern höhere Gewinne bringen. Lediglich die Dollarschwäche – Rohkaffee notiert an den Börsen in der US-Währung – haben uns bisher vor höheren Preisen an der Ladentheke bewahrt. Ab Januar funktioniert das nicht mehr. Der gestiegene Ölpreis macht die Bohnen teurer, erklärt Winfried Tigges vom Deutschen Kaffeeverband. Die Hersteller müssen mehr Geld für Transport und Verpackung ausgeben.

Der Anteil fair gehandelten Kaffees liegt übrigens gerade mal bei gut einem Prozent. Dabei garantiert er den Herstellern einen Preis von 1,30 Euro pro Pfund – statt 70 Cent.