BOAT PEOPLE

Mehrere zehntausend Schwarzafrikaner wandern jedes Jahr illegal nach Marokko ein und versuchen, von dort aus über die Meerenge von Gibraltar nach Spanien oder über den Atlantischen Ozean auf die Kanarischen Inseln weiterzureisen. Viele von ihnen sammeln sich auch in improvisierten Lagern an der Außengrenze von Ceuta und Melilla, den beiden von marokkanischem Staatsgebiet umgebenen spanischen Enklaven.

4.000 Todesopfer hat die illegale Ausreise aus Marokko über das Meer seit 1997 gefordert, bilanziert die marokkanische Organisation „Atime“. Nach spanischen Angaben sind dieses Jahr 133 Migranten beim Versuch der Meeresüberquerung ertrunken oder auf andere Weise gestorben. Diese Zahl schließt die 13 Afrikaner mit ein, die am 23. Dezember auf einem Boot vor der Kanareninsel Fuerteventura erfroren aufgefunden wurden.

Dieses Jahr hat Marokko nach eigenen Angaben, die bis zum 10. Dezember reichen, bereits 25.800 illegale Auswanderer festgenommen – mehr als doppelt so viele wie der Durchschnitt der Vorjahre (12.000). 9.200 davon waren Marokkaner, 16.600 Ausländer, zumeist Schwarzafrikaner. Diese werden allesamt abgeschoben und landen in Algerien, das für die meisten von ihnen die Durchreisestation auf dem Weg von Westafrika Richtung Europa gewesen ist. Wie Marokkos Behörden weiter mitteilten, wurde die Zahl der illegalen Einreiseversuche von Marokko nach Spanien in diesem Jahr um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesenkt, auf die Kanaren gar um 44 Prozent.

Europas Abschottung äußert sich im Falle Marokko durch ein Radarsystem und andere elektronische Einrichtungen, die Spaniens gesamte Südküste überwachen. Das „System zur Überwachung der Außengrenze“ (Sive) kostet bis 2008 260 Millionen Euro. Mit dieser Summe, so marokkanische Kritiker, könnten alternativ 500.000 Hektar trockenes Land in Afrika bewässert und damit mehrere Millionen Arbeitsplätze gesichert werden.

40 Millionen Euro sicherte die EU zusätzlich der marokkanischen Regierung am 20. Dezember zur Finanzierung eines eigenen marokkanischen Systems zur Grenzüberwachung zu. Das Geld soll die bessere Ausrüstung und Ausbildung der marokkanischen Grenzpolizei und Einwanderungsbehörden sicherstellen. 7.000 Grenzer wurden eingestellt, um Küsten und Landgrenzen Marokkos zu überwachen. Marokko hofft, durch die effiziente Umsetzung dieses Programms eine Erleichterung der EU-Visavergabe für die eigenen Staatsbürger zu erreichen.

Flüchtlingslager für Migranten in Nordafrika, wie sie Bundesinnenminister Otto Schily fordert, lehnt Marokko ab. Innenminister Mostapha Sahel sagte dem marokkanischen Parlament am 14. Dezember: „Unser Zugang muss ein wirtschaftspolitischer sein, im Rahmen einer Zusammenarbeit mit den Ländern südlich der Sahara.“ D.J.