NRW erwartet Tolle Collecte

Mit 17 Monaten Verspätung startet die LKW-Maut am 1. Januar. Die Verkehrsministerien von Bund und Land rechnen mit einem reibungslosen Start: Die Technik soll funktionieren, Berater helfen

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Das unendliche Maut-Debakel soll sich nicht wiederholen: Bei der Einführung der ab 1. Januar fälligen Autobahnbenutzungsgebühr für schwere LKW werde es keine gravierenden Probleme geben, versicherten Vertreter des Bundesverkehrsministeriums (BMV) und der Bundesanstalt für Straßenwesen gestern in Düsseldorf. „Die Technik ist da, und sie funktioniert“, so BMV-Projektleiter Matthias von Randow. Schon vor Weihnachten hatte NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann dieselbe Linie ausgegeben: „Das wird ein guter Tag für NRW“ – Horstmann stützt die Maut, an der Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (beide SPD) fast gescheitert wäre.

Die 17 Monate seit dem ursprünglich angepeilten Einführungstermin im August 2003 scheinen die Ministerien wie die Betreiberfirma „Toll Collect“ genutzt zu haben. Die Fehlerquote der sogenannten On Board Units (Obu), die ein automatisches Einbuchen in das satellitengestützte Mautsystem ermöglichen, soll mittlerweile bei unter zwei Prozent liegen. Nachdem Spediteure 2003 über fehlende Geräte klagten, hat das BMV nachgerüstet: Von 815.000 Obus wurden bundesweit bisher nur 386.400 bestellt, in die Laster eingebaut wurden bisher 297.400.

Die Regierungsvertreter rechnen deshalb bundesweit mit bis zu 53 „Hot Spots“, wo überforderte LKW-Fahrer für Chaos und Stau sorgen können, davon 15 in Nordrhein-Westfalen. Zwar steht den Speditions-Disponenten neben den Obus auch das Internet und private Call-Center zur Einbuchung zur Verfügung. Dennoch werden viele Fahrer direkt an den Mautterminals zahlen wollen – in NRW wurden allein 735 Zahlstellen eingerichtet. Dort sollen ihnen bis zu 500 so genannte Einbuchungsberater helfen, auch liegen Broschüren in Englisch, Französisch oder Polnisch aus. Dennoch könne es zu vereinzelten Störungen kommen, warnt Stolpe-Mitarbeiter von Randow: „Durch LKW überlastete Parkplätze sind aber ein Resultat des Wochendfahrverbots, nicht der Maut.“

Umstritten bleibt der ökologische Nutzen der Maut, mit der auch die Wettbewerbssituation von Schiene und Wasserstraße verbessert werden soll: Röskes rechnet zwar nicht wie der ADAC mit einer stärkeren Belastung der weiterhin auch für die Laster kostenfreien Bundesstraßen: „Das dauert viel länger und ist teurer.“ Allerdings müssten die Kosten von 12,4 Cent pro Autobahnkilometer voll an die Verbraucher weitergegeben werden. Die Bundesregierung hält Mauteinnahmen von bis zu drei Milliarden Euro jährlich für wahrscheinlich. Strittig bleibt deshalb auch die Eindämmung des LKW-Güterverkehrs, der sich nach Expertenschätzungen in den kommenden zehn Jahren verdoppeln könnte. Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbunds NABU, fordert deshalb bereits eine LKW-Maut für das gesamte Straßennetz.

Rechnen könnte sich die Maut dagegen schon bald für den Bund, der mit „Toll Collect“ noch immer über Einnahmeausfälle von 4,7 Milliarden Euro streitet. Neben Großbritannien interessiert sich auch Tschechien für das System. Die hinter „Toll Collect“ stehenden Konzerne DaimlerChrysler und Telekom hätten bereits an einer Ausschreibung teilgenommen, so Michael Zirpel, Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, zur taz. Kassieren können die Hauptverantwortlichen des ersten Mautdebakels deshalb aber nicht: „Der Genehmigungsvorbehalt für einen Export liegt beim Besteller – also beim Bund.“