DER WAHLBOYKOTT DER SUNNITEN-PARTEI BRINGT BUSH IN BEDRÄNGNIS
: Irakische Wahlen stecken im Sumpf

Seit dem Kriegsbeginn im März 2003 haben sich die USA im Irak immer tiefer in den Sumpf geritten. Mit der Ankündigung des Wahlboykotts durch die „Irakische Islam-Partei“, der wichtigsten Partei der irakischen Sunniten, scheint der Sumpf noch einmal tiefer geworden zu werden. Selbst bei einer Teilnahme der Sunniten-Partei wären die Wahlen vom 30. Januar wegen der militärischen Besetzung des Iraks und anderer Rahmenbedingungen wenig mehr als eine Farce gewesen. Doch nach der Boykott-Ankündigung kann die Bush-Regierung jetzt nicht einmal mehr den Anschein einer wenigstens halbwegs repräsentativen Wahl erwecken.

Der Wahlsieg einer schiitisch dominierten Partei aber wäre aus vielen Gründen nicht im Interesse Washingtons. Dort wird inzwischen ganz offen die finanzielle Bestechung sunnitischer Politiker erwogen, um diese doch noch zur Wahlbeteiligung zu bewegen. Zudem werde diverse Szenarien zur Manipulation des Wahlausgangs zugunsten der Sunniten diskutiert, falls deren wichtigste Partei bei ihrem Wahlboykott bleibt. Das zeigt, wie verzweifelt die Lage für die Bush-Administration inzwischen geworden ist. Denn ihre Rückzugsstrategie aus dem Irak würde mit einem absehbaren Wahlfiasko am 30. Januar vollends zur Makulatur.

Diese Strategie sah bis Anfang 2006 die Wahl eines neuen Parlaments und einer Regierung in Bagdad vor, die Ausarbeitung und Verabschiedung einer Verfassung sowie den Aufbau irakischer Sicherheitskräfte, die in der Lage sind, Ruhe und Ordnung durchzusetzen. Danach sollte der Abzug zumindest eines großen Teils der inzwischen 150.000 US-amerikanischen Besatzungssoldaten aus dem Irak erfolgen. Mit Verweis auf diesen Zeitplan war es Präsident Bush bislang noch gelungen, die seit Monaten wachsende Kritik in den USA an seiner desaströsen und immer kostspieligeren Irakpolitik unter Kontrolle zu halten. Mit einer Verschiebung des Urnengangs im Irak, die in Washington – zumindest bislang noch – entschieden abgelehnt wird, könnte Bush allenfalls vermeiden, dass das Wahldesaster nicht just zwischen dem Beginn seiner zweiten Amtszeit am 2. Januar und seiner Rede an die Nation Anfang Februar stattfindet.

ANDREAS ZUMACH