Hamburg schlägt New York und Tokio

Die Hansestadt gehört zu den Gewinnern der Globalisierung. Weil Chinas Wirtschaft rasant wächst, werden mehr Waren verschifft. Im Hamburger Hafen wird besonders viel umgeschlagen. So beschäftigt er mehr Menschen als DaimlerChrysler

AUS HAMBURGHERMANNUS PFEIFFER

Der Hamburger Hafen ist auf Erfolgskurs. Schon vier Wochen vor Jahresende hatte er seine Bestmarke aus dem Vorjahr mit einer Partie Rohkaffee aus Brasilien übertroffen. Und Hafensprecher Bengt von Beuningen rechnet für dieses Jahr mit einem Gesamtumschlag von 115 Millionen Tonnen. Das wäre ein Plus von 8,5 Prozent.

Der Großteil der in Hamburg umgeschlagenen Waren kommt in Containern angeschippert, längst hat der postmoderne Containerhafen New York, Tokio und London abgehängt. 2004 werden an Hamburgs Kaimauern eine Million Stahlboxen mehr als noch 2003 entladen worden sein.

7 Millionen sollen es bis Silvester insgesamt werden, 12 Millionen schon im Jahr 2010, prognostiziert die „Hafen Hamburg Marketing“. Das ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Stadt und Wirtschaft. Bereits im kommenden Frühjahr könnte Hamburg die bisherige Nummer eins in Europa, den Hafen in Rotterdam, überholen.

Vom Schifffahrtboom profitiert zugleich die nationale Konkurrenz Bremen-Bremerhaven. Sogar die Kapazitäten der hoch spezialisierten deutschen Werften sind bis 2006 nahezu ausgelastet. Und infolge des maritimen Bauaufschwungs sind auch Stahlunternehmen wie ThyssenKrupp, Koksereien wie die RAG und der Schrotthandel weitgehend ausgebucht.

Als die Bundesmarine kürzlich den ausgedienten Zerstörer „Rommel“ losschlagen wollte, balgten sich gleich sieben Bieter aus Europa um das längst schrottreife Kriegsschiff im Wilhelmshavener Marinearsenal. Den Zuschlag erhielt schließlich das Hamburger Unternehmen Eckhardt. Auch Schrott ist teuer und knapp. Chinas und Koreas Nachfrage nach Schiffsstahl puscht die Preise. Hinzu kommt, dass viele Reeder das Ende ihrer Schiffe gern noch hinauszögern. Schließlich sind die Charterraten aktuell geradezu traumhaft.

Zum glücklichen maritimen Komplex gehört auch die deutsche Zulieferindustrie mit etwa 70.000 Beschäftigten zwischen Füssen und Flensburg. Die Branche gilt innerhalb der Bundesregierung als Exportweltmeister.

Schwarzrotgold weht trotzdem immer noch selten auf den Weltmeeren. Dabei gehört mindestens jeder dritte Containerriese deutschen Investoren. Rund 14 Milliarden Euro haben Bundesbürger bereits in Schiffsfonds investiert, geschlossene Investmentfonds, die ein Schiff kaufen. Steuerlich begünstigt, lohnt sich die Schifffahrt zur Zeit nirgendwo so wie in Deutschland.

Tschechien zählt mit Finnland, Dänemark, Schweden und Österreich zu den fünf wichtigsten Transitpartnern der Hamburger. Der Hafen nutzt dabei seine geostrategische Lage zwischen Atlantik und Ostsee und seine traditionell guten Beziehungen nach China. Es ist vor allem das rasante, zweistellige Wirtschaftswachstum der Volksrepublik, welches den globalen Handel beflügelt. Dieser wird laut Welthandelsorganisation in diesem Jahr um 7,5 Prozent zulegen – doppelt so stark wie die Weltwirtschaft.

Das nützt besonders der Seefahrt. Schiffsraum und Container sind längst zum knappen Gut geworden. So sind es immer größere Containerschiffe, die den Elbehafen anlaufen. Erzielte ein Schiff 2002 noch 12.000 US-Dollar pro Tag, sind es heute über 40.000 Dollar. Daraus zieht der Hamburger Hafen Gewinn, der früh auf Container plus eine komplexe Logistikindustrie gesetzt hatte. Sie gibt mittlerweile über 200.000 Menschen direkt und vor allem indirekt Arbeit – mehr als beispielsweise DaimlerChrysler. Damit ist der Hafen Beschäftigungsträger Nummer eins für Hamburg und Schleswig-Holstein. Und selbst in Niedersachsen immer noch die Nummer zwei.