TRANSITLAND LIBYEN

Libyen ist das Haupttransitland für afrikanische Migranten auf dem Weg nach Europa. Jahrelang betrieb der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi eine Politik der „offenen Grenzen“, um seinen Ruf als Pionier der afrikanischen Einheit zu festigen. Bis zu zwei Millionen Schwarzafrikaner sollen im Laufe der 90er-Jahre in das fünf Millionen Einwohner zählende Libyen eingewandert sein. Neuerdings macht Libyens Regierung die Migranten für Kriminalität und Prostitution verantwortlich. Immer mehr werden nun abgeschoben.

Über 10.000 afrikanische Boat People haben dieses Jahr die Seereise von den libyschen Küsten nach Europa gewagt, vor allem auf die italienische Insel Lampedusa. Zuletzt wurden am 16. Dezember vier Boote mit insgesamt über 750 Flüchtlingen in italienischen Gewässern gesichtet. Seit Oktober werden illegale Migranten in der Regel mit Charter- und Militärflugzeugen nach Libyen zurückgebracht.

Italien und Deutschland betreiben in Reaktion auf den Massenansturm der Boat People eine weitere Verhärtung der bereits restriktiven europäischen Einwanderungspolitik gegenüber Afrika. Seit Sommer dieses Jahres kursiert der Vorschlag, Migranten gleich in Nordafrika in Flüchtlingslager zu stecken. Keine afrikanische Regierung hat diesem Vorschlag bisher zugestimmt, und auch in der EU gibt es dazu keinen Konsens.D. J.