Flughafen Münster-Osnabrück pokert weiter

Aller Überkapazitäten zum Trotz darf der Flughafen Münster-Osnabrück seine Startbahn auf 3.600 Meter verlängern – doch noch fehlt das Geld. Die Betreiber hoffen deshalb auf einen Machtwechsel im Land: „Im Mai gibt es Wahlen“

MÜNSTER taz ■ Der Ausbau des Flughafens Münster-Osnabrück bleibt trotz Genehmigung durch das NRW-Verkehrsministerium unsicher. Zwar gab Landesverkehrsminister Axel Horstmann (SPD) am Dienstag mit einem Planfeststellungsbeschluss grünes Licht für die seit mehr als zehn Jahren geplante Verlängerung der einzigen Start- und Landebahn von derzeit 2.170 auf 3.600 Meter. Ob die Bagger wirklich anrollen, bleibt dennoch ungewiss: Umweltverbände und die Grevener Bürgerinitiative gegen den Flughafenausbau arbeiten bereits an Klagen gegen den formalrechtlichen Beschluss.

Außerdem fehlt dem Provinzflughafen schlicht das Geld. Der Ausbau soll rund 120 Millionen Euro kosten – eine Summe, die von den Flughafenbetreibern kaum aufgebracht werden kann: Über ihre Stadtwerketöchter halten die klammen Städte Münster und Osnabrück über 52 Prozent der Anteile, die Stadt Greven ist über ihre Verkehrs-GmbH mit knapp sechs Prozent dabei. Zurückhaltend gibt sich dagegen die Wirtschaft, die sich massiv für den Flughafenausbau einsetzt: Die IHK Nord-Westfalen ist mit ganzen 0,068, die IHK Osnabrück sogar nur mit 0,034 Prozent an Bord.

Der Flughafen setzt deshalb alle Hoffnungen auf eine Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen. „In Gesprächen werden derzeit verschiedene Szenarien beleuchtet“, sagt Flughafensprecher Andrés Heinemann, „darunter auch eine Beteiligung des Landes“. Das Landesverkehrsministerium aber dementiert: „Solche Gespräche sind mir nicht bekannt“, so Horstmann-Sprecher Andreas Kersting zur taz. Kein Wunder: Jede Förderung durch die Landesregierung würde einen Präzedenzfall schaffen – ein Flughafenausbau mit Landesmitteln ist im rot-grünen Koalitionsvertrag ausdrücklich nicht vorgesehen. „Das Land fördert nicht die Erweiterung der bestehenden Infrastruktur, sondern nur sicherheitsrelevante Einrichtungen“, sagt auch Kersting.

Flughafensprecher Heinemann hofft deshalb auf einen Machtwechsel im Land. „Im Mai sind Wahlen“ – Münsters Christdemokraten zählen zu den stärksten Befürwortern einer Startbahnverlängerung, die Interkontinentalflüge ermöglichen und so mehr Arbeitsplätze schaffen soll. Wie die Grünen fürchten Umweltverbände und Bürgerinitiative dagegen eine Investitionsruine. „Gebetsmühlenartig wurde von der Flughafengeschäftsführung und der CDU betont, wie die Passagierzahlen steigen würden. Stattdessen dümpeln sie seit Jahren um die 1,5 Millionen“, warnt Münsters grüner Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel – dabei hätten laut langfristiger Flughafenplanung schon 2004 fünf Millionen Passagiere abheben sollen.

Auch Werner Reh, Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz, hält die Pläne für unsinnig – und setzt auch aus ökologischen Gründen auf zentrale Flughäfen wie Düsseldorf oder Köln/Bonn, wo bereits eine 3.800 Meter lange Piste existiert. „Mit Weeze steht der erste Flughafen in NRW vor der Pleite“, klagt er – selbst die Unternehmensberater von Boston Consulting sprechen von Überkapazitäten. „In Münster Osnabrück ist jeder Ausbau Traumtänzerei zu Lasten der Steuerzahler.“

ANDREAS WYPUTTA