DEUTSCHE SPRACHE
: Zum Rappen geeignet

Es ist schwierig, etwas darüber zu schreiben, ob ich es nun gut finde, Deutsche zu sein oder nicht. Meine Gefühle dazu verändern sich. Neulich zum Beispiel, als wir in dem Film „Der Untergang“ waren, wurde mir mal wieder klar, welche Schuld die Deutschen auf sich geladen haben. Die Türken oder Griechen haben es da besser, die müssen das nicht mit sich herumtragen. Wenn ich keine Deutsche wäre, müsste ich mir darüber wohl auch keine Gedanken machen.

Andererseits aber finde ich, dass ich mich nicht schuldig fühlen muss. Ich kann schließlich nichts für den Nationalsozialismus. Ich habe ja nicht mal mehr die DDR erlebt, weil ich da noch nicht geboren war. Für die Geschichte aber interessiere ich mich schon. Ich habe die Feldpostbriefe meines Großonkels gelesen, er ist mit 17 zum Militär gegangen und wurde mit 19 in Russland erschossen. Mit 19! Das kann man sich kaum vorstellen.

Dass ich Deutsch als Muttersprache habe, finde ich gut. Die Sprache ist komplex, Englisch ist einfacher, also ist es praktischer, die schwierigere Sprache schon von Kind auf zu lernen. Allerdings klingt Deutsch nicht so schön wie Italienisch oder Spanisch. Aber Deutsch eignet sich gut zum Rappen. Raps auf Französisch finde ich allerdings auch toll. Jazz und Blues würde ich wohl lieber auf Englisch singen. In der Grundschule allerdings hatte ich eine Zeit, in der ich die Türken beneidet habe. Denn die Türken in Berlin können ja zwei Sprachen, Türkisch und Deutsch. Ich lerne zwar jetzt auch Französisch und Englisch, aber ich spreche sie nicht so gut wie die Türken Türkisch und Deutsch können.

Die Deutschen sind gar nicht so rassistisch, viele Leute in meiner Schule tragen Aufnäher und Slogans wie „Gegen Nazis“ oder „Ich bin ein Ausländer – fast überall“.

Allerdings gelten Deutsche schnell als rassistisch oder als Neonazis. Die Türken und Araber kennen diese Schwachpunkte, die sagen im Streit dann einfach: „Du Rassist!“, und damit wollen sie einen treffen. Dabei verstehen sich die Deutschen mit den Türken ja besser als die Türken mit den Arabern. Auf jeden Fall werden auch künftig in Berlin die Nationen unter sich bleiben.  LAURA WEIDINGER