MICHAEL TARNAT, FUßBALL-OLDIE
: Rausspaziert

■ würde auch nach 19 Profi-Jahren, 363 Spielen und 24 Toren in der Bundesliga gerne weiterkicken. Oder wenigstens gefragt werden. Foto: dpa

Es war einer dieser Spaziergänge, wie sie Michael Tarnat schon so oft und so gerne gemacht hat. Du bist Fußballprofi, gehst nach Kaffee und Kuchen mit dem Trainer flanieren und sprichst über deine Rolle im Bundesligaspiel am Nachmittag. 19 Jahre lang lief das so. Und es ist im Grunde in Duisburg, Karlsruhe und München immer gut gegangen. Aber dann kam dieser Ausflug mit Dieter Hecking. „Er hat mir gesagt, dass ich keinen neuen Vertrag kriege“, erzählte Tarnat. Der Mann ist 39 Jahre alt, hat 2001 die Champions League und den Weltpokal gewonnen und ist als vierfacher deutscher Meister mit allerlei Lametta aus seiner Zeit beim FC Bayern bestückt. Dass ihn Hannover 96 einfach so aussortieren würde, ließ selbst den besonnenen Tarnat um Fassung ringen. Als Hecking ihn bei der 0 : 5-Pleite gegen den VfL Wolfsburg vorzeitig vom Platz nahm, verweigerte er den Handschlag.

Einem erfahrenen, aber erlahmten Profi wie Tarnat muss man keinen Vertrag mehr geben. Aber man sollte wissen, was ein Abgang in Ehren ist. Im Terminkalender von 96-Präsident Martin Kind steht für heute noch ein Gesprächstermin, bei dem Tarnat nach fünf Jahren für 96 ein Pöstchen in Hannover zum Trösten angeboten werden sollte. Die Sekretärin darf die Löschen-Taste drücken. Tarnat findet es als Dinosaurier unter den Bundesligaspielern unmöglich und respektlos, dass er nicht selbst abtreten darf, sondern abgetreten wurde. Von einem Trainer, den er zuletzt gar nicht mehr ernst genommen hatte. Der Spaziergang hätte sich „eben so ergeben“, sagte Hecking später.

Tarnat war zuletzt oft verletzt, aber immer noch überzeugt von seinen wuchtigen Schüssen und Flanken. Er wollte weiterballern. Seine Kollegen Frank Fahrenhorst und Gaetan Krebs bekamen Blumen zum Abschied. Tarnat bekam im Spiel, das seine lange Laufbahn beendet haben dürfte, fünf Tore vom angehenden Meister. CHRISTIAN OTTO