Neues Jahr macht froh – und nachdenklich

800.000 Menschen feiern am Brandenburger Tor Silvester. Die Flutkatastrophe ist dabei ständig gegenwärtig

Der Bär, der ganz oben auf der aus 40 Tonnen Eis geschnitzten Bar hockte, gab als Erster auf: Weit vor Mitternacht musste das dahinschmelzende Tier sicherheitshalber abgesägt werden. Eine bezeichnende Szene. Es war nicht die übliche Sause – ausgelassen bis zum Gehtnichtmehr –, die dieses Jahr am Brandenburger Tor stieg. Wo vergangenes Jahr eine Million tobten, feierten von Freitag auf Samstag nur 800.000 Menschen – viele in gedämpfter Stimmung.

Ob das an der Katastrophe um den Indischen Ozean lag oder eher am hiesigen Nieselregen, sei dahingestellt. Das verheerende Ereignis in Südostasien war jedenfalls allgegenwärtig: in den Gesprächen der Leute, der Ansprache des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und auf Videoleinwänden, die um Spenden baten. Helfen war, der Technik sei Dank, selten einfach: 335.000 Euro kamen zusammen, weil Menschen eine SMS an eine extra eingerichtete Unicef-Spendennummer schickten. Doch auf die pompösen Inszenierungen mochte die veranstaltende Silvester in Berlin GmbH doch nicht verzichten: das elfminütige Feuerwerk in Gold und Silber um Mitternacht etwa oder die üppige Befeuerung der Siegessäule mit Fontänen und Sonnen ein paar Minuten zuvor.

Polizei und Feuerwehr sprachen einhellig von einem ruhigeren Jahreswechsel als sonst. Die Feuerwehr fuhr zwischen 19 und 6 Uhr morgens 1.300 Einsätze, 300 weniger als 2003. Zwar gab es mit 338 nur halb so viele Brände wie vor einem Jahr, doch nahm die Zahl der Einsätze zur Versorgung Verletzter um neun Prozent auf 960 zu. Die Polizei rückte zwischen 18 und 6 Uhr 1986-mal aus.

Die letzten – allerdings unfreiwilligen – Partygänger waren wie so oft 600 Mitarbeiter der Stadtreinigungsbetriebe. Sie räumten 320 Tonnen Müll von den Straßen, 80 Tonnen mehr als im Vorjahr. US