„Da habe ich den Job geschmissen“

GABRIELE ROTTBURG (44)

Es gibt Arbeitsverhältnisse, die sind ganz modern. Das von Gabriele Rottburg zum Beispiel, der Verkäuferin aus Berlin, die für 5 Euro die Stunde bei der Drogeriekette Rossmann in aller Herrgottsfrühe die Regale auffüllte.

Dabei war Rottburg gar nicht bei Rossmann angestellt, sondern bei einem Subunternehmen, der Instore Solutions Services GmbH mit Sitz in Potsdam. Bei einem Subunternehmen zu ackern bedeutet, dass nicht mal mehr der niedrigste Tarif im Einzelhandel gezahlt werden muss. „Die Vergütung beträgt 4,25 Euro pro Arbeitsstunde“, steht in Rottburgs Arbeitsvertrag. Zuzüglich gibt es „anteiliges Urlaubsentgelt (Abschlagszahlung) von 0,75 Euro pro Arbeitsstunde.“ Anfahrten werden nicht bezahlt, auch nicht die bis zu einstündigen Fahrten zwischen den Filialen.

5 Euro die Stunde – das macht 300 Euro im Monat. Für fünfmal in der Woche um fünf Uhr aufstehen, dann von sechs bis neun Uhr Binden, Taschentücher und Zahnpasta in die Regale packen, bevor die ersten Kunden kommen. Für den Weg in die Filiale löste Rottburg ein U-Bahn-Ticket. „Nach der Arbeit bin ich dann nach Hause gelaufen“, erzählt sie, die Mann und Sohn hat.

Mitunter brauchte Rottburg länger als drei Stunden, um die Ware einzuräumen. Für diese Überstunden gab es kein Geld. Die Einsätze wurden kurzfristig per Telefon anberaumt. Manchmal war es eine Filiale in Tempelhof, dann ging es mit einer Stunde unbezahlter Fahrt zu einer Filiale nach Hohenschönhausen. Als Rottburg einmal dort ankam, erklärte ihr die Filialleiterin, sie bräuchten im Moment gar keine Auffüllerin. „Da habe ich den Job geschmissen“, erzählt Rottburg, die ihren wirklichen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

In ihrem Alter, glaubt sie, habe sie kaum noch Chancen im Einzelhandel. Zum Tarif sei sie den Arbeitgebern „zu teuer“. Als sich in ihrem Bekanntenkreis eine Mutter mit ihrer Tochter, einer 18-jährigen Schülerin, bei Woolworth bewarb, wurde die Tochter genommen, die berufserfahrene Mutter nicht. „Die Mütter hocken zu Hause, und ihre Kinder sitzen als Aushilfen an den Kassen – das ist die Zukunft im Einzelhandel“, sagt Rottburg. Sie ist jetzt wieder auf der Suche. BARBARA DRIBBUSCH