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LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Hungern bis zum Tod“, taz vom 13. 5. 09

Familiäre Beziehungsproblem

Der Artikel setzt Magersucht und Essstörungen gleich – und unterstützt damit das weit verbreitete Bild „Essstörung = Magersucht = dünn“. Neben den 100.000 von Magersucht betroffenen Personen existieren jedoch noch etwa 600.000 Bulimiker/-innen, die – wenn auch nicht untergewichtig – ebenfalls unter gravierenden körperlichen Folgen leiden. Auch wird nicht zwischen Gründen und Auslösern von Essstörungen unterschieden: Tatsächlich ist bei Mädchen und jungen Frauen der Auslöser sehr häufig eine Diät, die Gründe sind aber sicherlich nicht auf ein Aussehen wie ein Supermodel zu reduzieren, sondern in der Mehrzahl der Fälle massive familiäre, Beziehungs- oder Selbstwertprobleme. Darstellungen wie in Ihrem Artikel unterstützen (auch wenn Männer mehr und mehr in den Fokus geraten) leider das immer noch vorherrschende Bild des abgemagerten Mädchens, dessen einziges Problem es ist, falsche Schönheitsideale zu haben, und werden der Komplexität von Essstörungen nicht gerecht. LENA SCHÜTZLER, Berlin

■ betr.: „Wir geben die Wahl doch schon verloren“, taz vom 12. 5. 09

Was treibt die Linke-Realos um?

Die Probleme des Linkspartei-Rebellen Carl Wechselberg verstehe ich nicht: Hat die Linkspartei und früher die PDS nicht schon häufig genug bewiesen, wie schnell sie sich anpassen kann ? Wurde da nicht schon mal kommunaler Wohnungsbestand verkauft und wurden nicht Kliniken geschlossen, wenn es denn sein musste? Autor Felix Lee ist wahrscheinlich zu jung, sonst würde er sich daran erinnern können, wer alles schon gegen die Nato war. Alle Minister des letzten rot-grünen Kabinetts bis rauf zum Chef waren in ihrer politischen Pubertät gegen die Nato. Dieser Heldenkampf ist schneller beendet, als wir alle gucken können. Und zu Oskar: Der hat sein politisches Handwerk bei der SPD gelernt und wird dies zu gegebener Zeit unter Beweis stellen. Interessant wäre es gewesen zu erfahren, wer hier aus welchen Gründen und zum jetzigen Zeitpunkt in der Linkspartei Bauchschmerzen bekommt. Wer sind „die Realos in den ostdeutschen Bundesländern“? Was treibt sie um? Die Angst um Wählerstimmen kann es jedenfalls nicht sein! HARTMUT PRESCHER, Frankfurt am Main

■ betr.: „Schweiz will dichtmachen“, taz vom 14. 5. 09

Wer will in der Schweiz leben?

Der folgende Satz aus dem Artikel stimmt so natürlich nicht: „Im vergangenen Frühling spielten 43 Prozent der Deutschen mit dem Gedanken der Auswanderung in die Schweiz.“ Es wurde lediglich bei der Comparis-Umfrage gefragt, ob die Befragten sich grundsätzlich vorstellen könnten, in der Schweiz zu leben. Vorstellen könnte ich es mir grundsätzlich, doch spiele ich nicht mit dem Gedanken. Das dürfte bei der großen Mehrheit der besagten 43 Prozent genauso sein. HARTMUT SCHRÖR, Langsur

■ betr.: „Deutschland bleibt bewaffnet“, taz vom 14. 5. 09

Paranoide Gesellschaft

Im Film „Bowling for Columbine“ wird die Diskrepanz zwischen Waffenbesitz und Anzahl der Unfälle mit Schusswaffen pro Person in Kanada und den USA verglichen. Michael Moore zeigt als Paradox auf, dass in den USA trotz geringerer Pro-Kopf-Zahl an Waffen sehr viel mehr Unfälle im Vergleich zu Kanada stattfinden.

Dies zugrunde gelegt, fordere ich, dass anstelle von erneuten gesetzlichen Reglementierungen, die weitere Einschränkungen bürgerlicher Rechte zur Folge haben können, eine primäre Prävention vorgenommen wird. Damit meine ich, an den Ursachen von diesen Gewaltverbrechen zu arbeiten. Ist nicht analog zum obigen Film diese Ursache in einer zunehmend paranoiden Gesellschaft zu suchen, die mit immer neuen Nachrichten von terroristischen Gewalttaten verängstigt wird? Kann vor diesem Hintergrund die vom Staat durch Überwachung aller Lebensbereiche propagierte Kontrolle ein Ersatz für Ethik sein? ARNE MATSCHINSKY, Kiel

■ betr.: „Sieg der Peng-Gang“, taz vom 14. 5. 09

Prähistorische Jägergesellschaft

Angeblich hatten wir „eines der strengsten“ Waffengesetze: Danach war es aber 14-Jährigen bereits erlaubt, mit großkalibrigen Waffen zu schießen. Jetzt soll das Alter für diese Waffenart auf 18 Jahre heraufgesetzt werden, was jedoch nur eine kleine Verschärfung des Gesetzes darstellt, wenn weiterhin erlaubt sein soll, großkalibrige Waffen und die zugehörige Munition in jeder beliebigen Menge in Privathaushalten vorzuhalten: der Waffenlobby sei Dank!

Nichts spräche dagegen, privaten Waffenbesitz nur für berufliche Zwecke zu gestatten, zur Sicherung von Wohnungen gibt es heutzutage schließlich effiziente Alarmanlagen. Aber offenbar hat sich die Menschheit noch gar nicht so weit von der prähistorischen Jägergesellschaft fortentwickelt.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

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