Arbeitslosenzahlen steigen auch mit Hartz

Trotz erhöhtem Druck auf Arbeitssuchende steigt die Arbeitslosigkeit auf Rekordhöhe: Im Dezember waren in NRW 910.800 Menschen arbeitslos. SPD-Bundesarbeitsminister Clement: Arbeitssuchende sind selbst verantwortlich

DÜSSELDORF/KÖLN taz ■ Die Arbeitslosenquote hat in Nordrhein-Westfalen einen neuen Negativrekord erreicht: Im Vergleich zum Vormonat waren im Dezember 28.240 Menschen mehr arbeitslos. Insgesamt waren 910.800 Menschen arbeitssuchend gemeldet, die Arbeitslosenquote stieg von 10 auf 10,4 Prozent. Christiane Schönefeld, Leiterin der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit, nannte als Gründe vor allem die unverändert schwache Konjunktur und wie in jedem Winter saisonale Arbeitsausfälle.

Niemals seit Bestehen der Arbeitslosenstatistik sei die Nachfrage nach Arbeitskräften so gering gewesen wie 2004, so Schönefeld – im Jahresdurchschnitt waren 898.000 Menschen ohne Arbeit. Der bisherige aus dem Jahr 1997 stammende Höchststand von 884.000 Arbeitssuchenden wurde damit deutlich überschritten. Auch in diesem Jahr rechnet Schönefeld nicht mit einer Verbesserung: Durch die Hartz-Gesetzgebung würden künftig viele Sozialhilfeempfänger erfasst, die bisher nicht in der Statistik auftauchten.

Innerhalb Nordrhein-Westfalens ergibt sich ein differenziertes Bild: Während die Arbeitslosenquote etwa in Bonn mit 6,9 oder dem münsterländischen Coesfeld mit 7,4 Prozent unter dem Durchschnitt der westlichen Bundesländer von 8,7 Prozent liegt, erreichen besonders die Städte im Ruhrgebiet beinahe das Ostniveau von 18,5 Prozent. Die höchste Arbeitslosigkeit melden Gelsenkirchen mit 16,8 Prozent. Es folgen Dortmund und Duisburg mit 15,5 und 14,6 Prozent.

Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) setzt dagegen weiter auf den Erfolg von Hartz. Besonders die Jugendarbeitslosigkeit werde in den kommenden Monaten stark sinken, so Nordrhein-Westfalens Ex-Ministerpräsident bei einem Besuch der Kölner Arbeitsagentur. Clement will der Arbeitslosigkeit „den Nachwuchs entziehen“: Jeder der bundesweit 500.000 Arbeitslosen unter 25 hat Anspruch auf eines von acht verschiedenen Modulen – ist kein Arbeitsplatz in Sicht, sollen Fortbildungen helfen.

Trotz jahrzehntelanger Massenarbeitslosigkeit hält der Minister an der Fiktion der Vollbeschäftigung fest. Unwillige müssten mit Sanktionen rechnen, droht Clement – und riet protestierenden Hartz-Gegnern zu mehr Eigeninitiative: Wer Zeit habe, vor der Arbeitsagentur zu demonstrieren, könne sich doch auch im Gebäude einen Job besorgen. ANDREAS WYPUTTA