Videoüberwachung unscharf

Die Stadt Lüdenscheid lässt ihre Entsorgungsfirma Altpapier- und Glascontainer überwachen. Die Kamera-Aktion ist so geheim, dass Ratsmitglieder lange glaubten, es handele sich bloß um Attrappen

VON ELMAR KOK

In Lüdenscheid werden Recyclingfreunde seit Oktober vergangenen Jahres beim Entsorgen von Altglas und Altpapier gefilmt. Der Lüdenscheider Stadtreinigungsbetrieb STL bestückte das Lüdenscheider Worth-Rondell mit einer Kamera, die das Entsorgungsverhalten der Bürger an den dortigen Glas- und Altpapiercontainern aufzeichnet. Dieses Jahr sollen nach Planungen der STL drei weitere Container mit Kameras bestückt werden. Giuseppina Giordano, Sprecherin der Stadt im Bürgermeisteramt, sagt, die Überwachung sei rechtlich zulässig, da sich die STL an das Landesdatenschutzgesetz halte. Der Betrieb nehme am Worth-Rondell nur sein Hausrecht wahr. Die Daten würden nicht gespeichert, die Kamera sei unscharf. Daher seien Gesichter nicht zu erkennen, Nummernschilder nicht lesbar.

„Es handelt sich aus Kosten- und Datenschutzgründen wohl nur um Kamera-Attrappen“, glaubte bis gestern Rechtsanwalt Bruno Schwarz, FDP-Fraktionsvorsitzender im Lüdenscheider Stadtrat. Auf Nachfrage besorgte sich Schwarz die Sitzungsprotokolle des die STL kontrollierenden Werksausschusses der Stadt und stellte fest, „dass dort eine mobile Kamera-Anlage für 5.000 Euro angebracht wurde“.

Dass die teure Anschaffung keine scharfen Bilder macht, solle die Presse aber möglichst nicht veröffentlichen, „sonst ist die abschreckende Wirkung dahin“, sagt Stadtsprecherin Giordano. Bernd-Rüdiger Lührs (CDU) wird allein von Nachfragen in Sachen Glascontainer-Kameras abgeschreckt. Auf welchen rechtlichen Grundlagen des Landesdatenschutzgesetzes die Überwachung fußt? „Natürlich dürfen wir das! Die rechtlichen Grundlagen dafür kennt die Werksleitung!“, sagt Lührs. Lührs ist Ratsherr in Lüdenscheid und Vorsitzender des Werksausschusses der Stadt – damit erster Kontrolleur der STL. Die Ausschussmitglieder hatten dem Ansinnen der STL einstimmig zugestimmt. Welcher Wachdienst die Container überwache? „Das weiß ich, aber ich werde es Ihnen nicht sagen“, sagt der Mann, der eigentlich die STL beaufsichtigen soll.

Die Oberaufsicht über die Sekundärrohstoff-Container hat die WKS Wachschutz GmbH. Ulrich Merkle, Geschäftsführer der Gesellschaft sagt, „eigentlich traurig, dass die Leute nur noch auf so etwas anspringen“, und meint damit die Schilder, die auf die Überwachung der Container hinweisen. Datenschutzrechtlich sei aber alles in Ordnung, versichert Merkle. Die Landesdatenschutzbeauftragte, Bettina Sokol will nach Schilderung des Falles erst einmal „ein Auskunftsersuchen an die Stadt schicken“.

Das Landesdatenschutzgesetz lässt unter Berücksichtigung des Hausrechts nur ein „verlängertes Auge“ – eine Art elektronischer Türspion zu. Vielleicht kommt die mobile 5.000-Euro-Kamera ja bald an einen neuen Einsatzort. Denn „das mit der Attrappe hatte ich wohl verwechselt“, sagt FDP-Mann Schwarz, „die hängt nämlich in einer Schule“.