Odysseeum im geldfreien Raum

Das geplante Kölner „Odysseum“ verspricht Abenteuer und Information. Noch existiert von dem ambitionierten Museumsprojekt lediglich die Idee. Für die Verwirklichung fehlt es vor allem an Geld

Von Jürgen Schön

Anfang 2007. Das heiß ersehnte Raumschiff „Odysseum“ ist endlich in Kalk gelandet. Es öffnet seine Türen und die Massen strömen von weit her hinein. Vor allem Kinder und Jugendliche. 400.000 im Jahr. Sie stillen ihren Wissensdurst an den im Innern angeboten Schaustücken. Und ganz nebenbei lassen sie noch Einiges an Geld im darbenden Rechtsrheinischen.

So ungefähr ist die Vision der „Odysseum“-Verantwortlichen, die vorerst nur als 108 Seiten starke Hochglanzbroschüre existiert. Darin gibt es schöne Worte, Bilder und Ideen zuhauf. Noch aber mangelt es an Geld.

Noch vor kurzem hieß das „Odysseum“ „Cologne Science Center“. Dessen Abkürzung CSC aber klang den Verantwortlichen zu sehr nach „Cleaning Service Cologne“. Odysseum dagegen verspricht Abenteuer und Forscherdrang. Die Stadtsparkasse Köln wollte das CSC der Stadt zu ihrem 175. Geburtstag im Jahr 2001 schenken. Aber neben Geldmangel verhinderte eine Standortdebatte die Realisierung.

Entstehen soll eine Art Deutsches Museum wie in München, nur moderner, technischer, vielfältiger. Ein Ort, um der Jugend Appetit auf Naturwissenschaften zu machen. Ein Projekt, das den Wissenschaftsstandort Köln stärkt. Ein Ort des Dialogs zwischen Wissenschaft, Forschung und Gesellschaft. So beschreibt Andreas Henseler, Chef der Stadtsparkassen Stiftung Cologne Science Center, die Ziele.

Das soll in vier großen Themengebieten passieren: „Orientierungsfragen“ zu Wissen und Erkenntnis, „Leben“ mit den biologischen Grundlagen, „technische Informationsverarbeitung“ zur modernen Kommunikation und „Leben und Ernährung“ mit den Schwerpunkten Ernährung und Gesundheit.

Dabei, versichert Projektleiter Armin Frey von der Uni Ulm, solle keineswegs die Technik verherrlicht werden. Auch mit Nichtregierungsorganisationen wolle man zusammenarbeiten. Man werde auf die Probleme der Technik hinweisen, Philosophie und Gesellschaftswissenschaften berücksichtigen oder alternative Medizin wie die Homöopathie aufgreifen. Täglich soll es wechselnde Aktionen geben. Unterhaltsam soll alles sein. Nach den Plänen gelangen die Besucher durch ein Gehirn oder über eine Doppel-DNA-Helix als Treppe zu den „tiefer gehenden Antworten“.

Natürlich sei (fast) alles interaktiv. Und nicht alles sei digital und virtuell, werden Technikskeptiker beruhigt. Es werde auch „richtige“ Ausstellungsobjekte geben – etwa eine Käfersammlung zum Thema Evolution oder medizinische Geräte. Vielleicht werde man sich sogar mit Künstlern zusammensetzen, um alles ein bisschen attraktiver zu gestalten.

Um dieses Ausstellungskonzept – „alles noch im Planungsstadium“ – herum soll ein „spektakuläres“ Haus gebaut werden. Demnächst wird ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben. „Wir sind allen Ideen aufgeschlossen“, sagt Henseler. Doch die Vorgaben scheinen eng, dreht sich in der Broschüre doch alles um einen Rundbau.

Ursprünglich sollte das Odysseum einmal vor dem Zoo gebaut werden. Das Aquarium hätte dafür abgerissen werden müssen. Dann kam der Rheinauhafen ins Gespräch. Jetzt im nördlichen Zipfel des ehemaligen CFK-Geländes in Kalk. „Keine neue Standortdebatte“ wünscht sich Henseler. Aber vielleicht hat die Stadtsparkassen-Immobilientochter Corpus wirklich kein prominenteres Grundstück als dieses Dreieck, eingeklemmt zwischen Autobahnabfahrt, einem geplanten Baumarkt und einem Eisenbahndamm im Westen. Immerhin soll von der Deutschen Bahn die Zusage vorliegen, hier eine S-Bahn-Station zu bauen.

Da muss die geforderte Architektur schon spektakulär sein, um sich in dieser Umgebung zu behaupten. Außerdem muss das Gebäude mindestens 50 Meter hoch sein, um den von einer Aussichtsplattform versprochenen Blick auf das Panorama von Köln zu gewähren. Bevor gebaut wird, muss allerdings Geld her. 60 Millionen Euro werden gebraucht, schätzen die Verantwortlichen, je zur Hälfte für das Gebäude und den Innenausbau. Für letzteren liegt, so Henseler, schon eine abrufbereite Landeszusage über 12,5 Millionen vor. Mit 8 Millionen aus Berlin sei dagegen vorerst wohl nicht mehr zu rechnen. Die Lücke sollen „Partner, Kooperationen oder Sponsoring“ decken.

Immerhin hat die SSK schon eine Stiftung mit 15,3 Millionen Euro gegründet. Die soll jährlich bis zu 750.000 Euro abwerfen, um wenigstens einen Teil der Betriebskosten zu decken. Die Lücke sollen Eintrittspreise, Merchandisingprodukte oder Einnahmen aus Vermietungen etwa für Kongresse decken. Und sollte sich das ganze einmal nach kurzer Betriebszeit als Windei entpuppen, beruhigt Henseler: „Die Stadt und den Steuerzahler kostet das keinen Cent.“