Steinhäusers Statuen

Wer gerne auf dem Riensberger oder dem Waller Friedhof wandelt, kann nun erfahren, wer dort die meisten Steine behauen hat. Und warum so und nicht anders. Schließlich auch: Warum man in der Kultur nicht gar zu viel sparen sollte

Was haben Bürgermeister Smidt im Rathaus, Astronom Olbers in den Wallanlagen und so manche Bremer Madonna gemeinsam? Sie sind von Carl Johann Steinhäuser geschlagen worden. Der im 19. Jahrhundert hochbeliebte Bildhauer hat Bremen ein reichhaltiges Marmor-Oeuvre hinterlassen, darunter auch der halbe Riensberger Friedhof, wenn man ein wenig aufrundet.

Trotzdem hat sich erst 135 Jahre nach Steinhäusers Tod jemand die Mühe gemacht, sich mit der Biographie des schier unermüdlichen Steinmetzen zu be- und sein Gesamtwerk zu erfassen: Helke Kammerer-Grothaus. Die umtriebige Kunsthistorikerin legt auf 120 Seiten – illustriert von der taz-Fotografin Kathrin Doepner – dar, wie sich sowohl die zeitgeistigen Strömungen als auch Steinhäusers persönliches Schicksal im bildhauerischen Ansatz widerspiegeln. Tendenz: Je turbulenter und wirtschaftlich schwieriger die Zeiten, desto kirchlicher die Orientierung – bis Steinhäuser schließlich zum Grabmalspezialisten wurde. Seine letzten Jahre verbrachte er mit der Serienanfertigung von Madonnen, die mit ihrem lyrisch-nazarenischen Charakter den Romantikbedarf der Zeitgenossen befriedigten.

Als gebürtiger Bremer, Steinhäusers Vater betrieb eine Spiegelfabrik in der Sögestraße, war Steinhäuser eigentlich Protestant. Mit 35 Jahren konvertierte er aber zum katholischen Glauben und lebte lange in Rom. Offenbar blieb die dort angeeignete Ästhetik mit dem Geschmack des Bremer Bürgertums in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kompatibel – zumindest für ihre Gräber wünschten sich die anonsten als nüchtern geltenden Hanseaten allerhand Religiös-Erbauliches. Nicht nur Riensberg, auch anderer Bremer Friedhöfe wie der in Walle beherbergen eine erstaunliche Fülle von Steinhäusers Arbeiten.

Allerdings musste sich Steinhäuser, eigentlich ein später, aber dennoch typischer Vertreter des Klassizismus, zunehmend auf ärmere Auftraggeber einstellen, was sich in der Qualität der abgelieferten Arbeiten durchaus widerspiegelt. Fazit: Öffentliche oder gar soziale Künstlerförderung hilft eben auch, marktgängigen Trash zu vermeiden – womit das Steinhäuser-Buch sogar als Argumentationshilfe bei den aktuellen Bremer Spardebatten einzusetzbar wird. Henning Bleyl

Heike Kammerer-Grothaus: Carl Johann Steinhäuser – ein Bildhauer aus Bremen, 9,80 Euro