Trauernde sind einig im Gebet

Interkulturelles Mittagsgebet im Dom: Muslime, Hindus, Christen und Buddhisten trauern. ,,Gemeinsam ist uns die Sprachlosigkeit“

bremen taz ■ Mit seinem rot leuchtenden Mönchsgewand stand Hindu-Mönch Punuratana am Rednerpult vor dem Altar des Bremer Doms, drei Mal ließ er den fast voll besetzten Dom das Mantra sprechen „Mögen alle Wesen glücklich sein. Mögen alle Wesen glücklich sein. Mögen alle Wesen glücklich sein.“ Und er betete: „Wir wünschen den Toten eine glückliche und zufriedene Wiedergeburt“, wiewohl es das eigentlich Ziel sei, das Nirwana zu erreichen.

Aus Berlin war Punuratana angereist, um der Einladung der Bremer Domgemeinde zu einem inter-religiösen Mittagsgebet aus Anlass der Flutkatastrophe teilzunehmen. Dass auch deutsche Touristen unter den Opfern sind, ließ die Unterschiede zwischen den Religionen in den Hintergrund treten: Die Bremer und „die Gäste aus unserer Stadt“ waren eingeladen, wie der Pfarrer der Domgemeinde, Christian Götze, unterstrich und damit doch auch ausdrücklich unterschied. Jeder spreche hier „in eigener Verantwortung“, betonte der Pfarrer der Bremischen Evangelischen Kirche „für den interreligiösen Dialog“, Heinrich Kahlert. „Wir lassen uns gegenseitig gewähren in diesem christlichen Dom.“

Die Sorge der vom Streit um Kresniks „Zehn Gebote“ gebeutelten Domgemeinde war aber unbegründet: Die vier Gebete hatten erstaunlich viele Gemeinsamkeiten bis in die Sprache der Bilder hinein. „Wir sind schwach und auf dein Erbarmen angewiesen, Allah“, betete der Imam Bilal, und dann bat er ganz pragmatisch für die Toten und die Überlebenden „dass ihre Gesichter bald wieder lachen können“. Der junge Mann war aus Achim geholt worden, weil er perfekt deutsch spricht, das ist nicht typisch für einen Imam. Und er konnte dazu so gut singen, dass die Freunde der Hilliard-Konzerte ihre Freude an den Echo-Klängen im Dom hatten.

Der Priester des Bremer Hindu-Tempels in Sebaldsbrück, Sasekasan, betete „zu den Göttern, sie mögen uns beschützen vor weiteren Flutkatastrophen“ und den Menschen helfen, ihre verloren gegangene Existenz wieder aufzubauen“. Und da war eben noch der Mönch. „Ich war in Sri Lanka an dem Tag“, sagt er, „es war furchtbar“. Aber „als Buddhisten wissen wir: alles ist vergänglich, vergänglich, vergänglich“.

Zum Schluss sprach der Christ und Pfarrer Heinrich Kahlert. „Wir leben doch in einer Welt, wir sind alle Deine Menschen.“ Mit dem rituellen „Vater Unser“ benannte er das Paradox, das die Prediger der verschiedenen Religionen in ihrer Sprachlosigkeit zusammenführte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auch auf Erden“. kawe