Der Erste hinter Ahonen

Adam Malysz ist der einzige Springer, der Janne Ahonen in dieser Saison schon besiegen konnte. So wie es aussieht, ist er auch der einzige, der den vierten Tournee-Sieg des Finnen verhindern kann

AUS BISCHOFSHOFENKATHRIN ZEILMANN

Dem Skispringer Adam Malysz ist in diesem Winter ein Erlebnis zuteil geworden, das seinen fliegenden Kollegen, ausgenommen der Finne Janne Ahonen natürlich, bisher verwehrt blieb: Malysz hat ein Weltcupspringen gewonnen. In Harrachov war das, nur wenige Kilometer entfernt von der Grenze seines Heimatlandes Polen. Da durfte er Ahonen schlagen, zum ersten und auch letzten Mal in dieser Saison.

Auch im Gesamtklassement der Vierschanzentournee ist der schmächtige Pole Bester – hinter dem Finnen natürlich, der derzeit unantastbar erscheint, und somit auf Platz zwei. „Janne springt sehr gut zurzeit. Aber ich komme ihm nahe“, sagt Malysz – und es klingt, als sei er damit schon zufrieden: Ahonen nahe kommen zu können. Davon, ihm beim heutigen Tournee-Finale in Bischofshofen (16.30 Uhr/RTL) den vierten Einzelsieg zu entreißen, redet Malysz jedenfalls nicht. Dazu ist er viel zu zurückhaltend. Das Formulieren großer Ziele überlässt er jedenfalls lieber den Jüngeren, etwa dem 18 Jahre alten Österreicher Thomas Morgenstern, dem Dritten der Gesamtwertung. „Wenn ich in Bischofshofen gewinne, bin ich der größte Held“, sagte der gestern, und es schien, als habe er von ebenjenem Erfolg in der Nacht davor geträumt: Wie er den ersten österreichischen Weltcupsieg in diesem Winter erspringt, den ersten Einzelerfolg bei der Tournee seit 2000 zudem – und wie sein Fanclub ihn unten im Auslauf dafür feiert. Ob in dem Traum auch das kühle Gesicht des Janne Ahonen aufgetaucht ist, hat Morgenstern allerdings nicht verraten. Wahrscheinlich ist das auch besser so.

Adam Malysz macht sich solche Gedanken erst gar nicht. Zwei Weltmeistertitel hat er gewonnen, drei Mal den Gesamtweltcup, zudem 2001 die Vierschanzentournee. Die Verehrung in Polen schien dafür grenzenlos, seine Popularitätswerte wurden mit denen des Papstes verglichen. „Er ist der einzige große Sportstar, den Polen hat“, sagt sein Manager Edi Federer.

Doch mit dem Erfolg stellten sich auch unangenehme Nebengeräusche ein, Malysz musste das schmerzlich erfahren. Zum einen klappte plötzlich die Zusammenarbeit mit Trainer Apoloniusz Tajner nicht mehr. Zum anderen drohte der ehemalige Dachdecker aus Wisla von der Begeisterung seiner Anhänger manchmal regelrecht erdrückt zu werden. Soll heißen: Auf die schmalen Schultern des 27-Jährigen wurde großer Druck geladen, auch wenn Malysz das nach außen hin geschickt hinter seinem stets freundlichen Lächeln zu verstecken wusste.

Zumindest die Trainerfrage hat sich mittlerweile geklärt, der Österreicher Heinz Kuttin, 33, ist nun Chefcoach in Polen. Tajner ist mittlerweile Interims-Chef des polnischen Skiverbandes und soll mit der neuen Leitung des Skisprung-Teams so seine Differenzen haben, heißt es. Doch Kuttin sagt: „Wichtig ist, dass die Aktiven da rausgehalten werden.“ Malysz soll ohne Störfeuer fliegen, seine Flugbahn darf nicht noch mehr gestört werden, so wie etwa in der Vorsaison.

Da war der 27-Jährige mit Rang zwölf im Gesamtweltcup gänzlich ins Mittelmaß abgerutscht. Als kleine Tragödie wurde das in Polen empfunden, und Malysz konnte einem leidtun, auch weil sich die Jubelrufe seiner Anhänger plötzlich in Pfiffe verwandelten und er nur ratlos mit den Schultern zucken konnte. „Es sind nur Kleinigkeiten, die nicht gut laufen“, erklärte er fast hilflos. Immerhin: Im Sommer scheinen sich diese Kleinigkeiten wieder eingerenkt zu haben: Sein Absprung war kraftvoll, sein Material passend, er gewann die Grand-Prix-Serie – und zeigte, dass wieder mit ihm zu rechnen ist.

Auch wenn der Finne Janne Ahonen derzeit in anderen Sphären springt, so ist Adam Malysz doch der, der ihm am nächsten kommt – und ihn am ehesten schlagen kann, einmal hat er es ja schon getan. „Dieser Sieg war sehr wichtig für mich“, sagt Adam Malysz. „Jetzt schaue ich, was noch kommt.“