US-KONGRESS: DIE DEMOKRATISCHE PARTEI STEHT UNTER DRUCK
: Republikaner genießen ihre Mehrheit

Der aus den Wahlen vom vergangenen November hervorgegangene US-Kongress hat getagt, und was gleich bei der ersten Sitzung herauskam, ist ein Vorgeschmack darauf, wie die gestärkten Republikaner mit ihrer Mehrheit umzugehen gedenken. Die neuen Regelungen, die Untersuchungen gegen Senatoren und Abgeordnete wegen vermuteter Fehltritte erschweren, dürften in der Praxis kaum Auswirkungen haben – aber sie demonstrieren, wie gewillt die republikanische Führung des Kongresses ist, den Handlungsspielraum ihrer Gegner einzuengen und die eigene Macht auszunutzen.

Der erste große Konflikt mit den oppositionellen Demokraten fängt bereits in dieser Woche an, wenn der Senat mit den Anhörungen zur Bestätigung des designierten Justizministers Alberto González beginnt. González ist Autor verschiedener Memoranden, die auch ohne bösen Willen durchaus als Legitimation von Folter im Kampf gegen den Terrorismus gewertet werden können. So sind die Demokraten eigentlich aufgefordert, alle durch die Geschäftsordnung gegebenen Möglichkeiten gegen González auszunutzen. Nur sehen sie sich dann sofort wieder dem Vorwurf der Obstruktion ausgesetzt, der ihren bisherigen Fraktionschef im Senat, Tom Daschle, im November die Wiederwahl gekostet hatte. Prognose: Die Demokraten fragen hart und knicken dann ein. Wenn die Republikaner in zentralen Fragen weiterhin eisern die Fraktionsdisziplin wahren, müssten die verunsicherten Demokraten all ihren Mut aufbringen, um die wenigen verbliebenen Möglichkeiten tatsächlich auszunutzen – ein risikoreicher politischer Kraftakt in feindlicher Umgebung.

In den kommenden zwei Jahren, den ersten der zweiten Amtszeit George W. Bushs, wird der Kongress über wichtige Weichenstellungen entscheiden – von Steuersenkungen über die Altersversorgung bis hin zur Nominierung der obersten Richter. Die republikanische Kongressführung will eine umstrittene Agenda präsentieren und dabei die Fraktionsdisziplin durchsetzen. Die Abstimmung vom Dienstag war ein erster Test. Er beweist, dass es klappen könnte. BERND PICKERT