Für Flüchtlinge ist Köln jetzt tabu

Köln nimmt vorerst keine Flüchtlinge mehr auf. Nach dem neuen Zuwanderungsgesetz werden sie wie Asylbewerber bundesweit auf Kommunen verteilt. Bleiberegelung für „Altfälle“ weiter ungewiss

Von Susanne Gannott

Einen hat es schon erwischt: Der erste von vier „illegal eingereisten“ Flüchtlingen, die sich bislang seit dem 1. Januar in Köln bei den Behörden gemeldet haben, sollte gestern im Laufe des Tages an die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Bielefeld überführt werden. Das erklärte Dagmar Dahmen, die Leiterin der Kölner Ausländerbehörde, der taz. Der Grund: Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz werden jetzt nicht nur Asylbewerber, sondern auch Bürgerkriegs- und andere Flüchtlinge über einen bundesweiten Schlüssel auf die Kommunen verteilt – ein Passus, der vor allem auf Druck von Kölner Politikern in das Gesetz aufgenommen wurde.

Seit Jahren klagen hiesige Volksvertreter, die Stadt würde von den so genannten „illegal Eingereisten“ geradezu „überlaufen“. Durch das neue Gesetz muss die Stadt in absehbarer Zeit keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, weil sie mit rund 4.500 ihr „Soll“ bereits zu 126 Prozent erfüllt hat. „Familien werden aber nicht auseinander gerissen“, verspricht die Sprecherin des NRW-Innenministeriums Dagmar Pelzer. Wenn Flüchtlinge nachweisen können, dass sie in Köln Verwandte haben, dürften sie trotz der neuen Quote bleiben.

Wie das Prozedere mit der Verteilung konkret funktionieren soll, ist bislang allerdings noch nicht vollständig geregelt. Eigentlich entscheidet ab sofort die Bezirksregierung Arnsberg, in welche NRW-Kommune die Flüchtlinge geschickt werden, die dem Land vom neuen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugewiesen wurden. Bislang habe man in Arnsberg jedoch keine Ahnung, wie man das umsetzen soll, sagt Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat. „Noch ist nicht klar, wohin und wie die Flüchtlinge innerhalb von NRW verteilt werden sollen.“ Tatsächlich muss dafür zunächst das „Flüchtlingsaufnahmegesetz“ vom Landtag verabschiedet werden, erklärt Pelzer. Ende Januar soll es soweit sein. Bis dahin sei vereinbart worden, alle neuen Flüchtlinge in der ZAB Bielefeld unterzubringen, damit, so Pelzer, „die Kommunen nicht überlastet werden“.

Für neu ankommende Flüchtlinge bedeutet das Zuwanderungsgesetz, dass auch sie – wie Asylbewerber – kein Recht mehr haben, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen. Für die Kölner „Altfälle“ geht es nun vor allem darum, ob und wie sie ihren rechtlich unsicheren Duldungsstatus mit dem neuen Gesetz verbessern können. Der Flüchtlingsrat drängt seit Monaten im Rahmen einer Bleiberechtskampagne darauf, dass das Kölner Ausländeramt seine rechtlichen Spielräume ausnutzt und vor allem lange hier lebenden Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Diese Möglichkeit, aus „humanitären Gründen“ den Aufenthaltsstatus zu verbessern, habe die Stadt auch unter dem neuen Gesetz, sagt Prölß. Dies hätte für Köln sogar finanzielle Vorteile, weil die Flüchtlinge dann leichter eine Arbeit aufnehmen könnten. „Aber außer in Einzelfällen ist nichts passiert“, bedauert der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates.

Das wird sich auch zukünftig wohl kaum ändern. Denn die Leiterin der Ausländerbehörde sieht auch unter den neuen rechtlichen Bedingungen keine Spielräume für eine großzügige Bleiberechtsregelung: „Grundsätzlich haben bis zum 31. Dezember Eingereiste keinen solchen Anspruch“, sagt Dahmen, auch nicht, wenn sie bereits über einen längeren Zeitraum „geduldet“ seien. Ihre Behörde könne weiterhin lediglich in Einzelfällen den Status verfestigen.

Mit diesem Thema wird sich demnächst auch eine neu ins Leben gerufene Arbeitsgruppe des Runden Tisches für Flüchtlingsfragen befassen. Darin sollen neben Flüchtlingsrat und Ausländeramt auch Vertreter der Wohlfahrtsverbände, der Sozialverwaltung und der Politik sitzen. Der Flüchtlingsrat hofft, die Kölner Ausländerbehörde über das Gremium vielleicht doch zu einer liberaleren Auslegung des Zuwanderungsgesetzes zu bringen. Dahmen, deren Behörde den Vorsitz der Arbeitsgruppe übernehmen wird, stellte allerdings schon klar, dass dort „keine Grundsatzentscheidungen“ getroffen werden, welche Flüchtlingsgruppen eine Aufenthaltserlaubnis bekommen sollen. Die Amtsleiterin möchte in der Runde lieber „sukzessive erarbeiten, wie mit dem neuen Gesetz umgegangen wird“.