KURZKRITIK VON BENNO SCHIRRMEISTER
: Die Schweine im Land

Edgar H. war ein Denunziant, von klein auf schon und schließlich hauptberuflich. Bis er unehrenhaft entlassen wurde – vom Ministerium für Staatssicherheit: Auch diesen Mitläufer-Lebenslauf zeichnet die Ausstellung „Feind ist, wer anders denkt“ im Haus der Wissenschaft nach.

Er zeigt zugleich historische Bedeutung und Problematik der Stasi-Unterlagen-Behörde: Denn dass deren Schau H.’s Werdegang protokolliert, ist, als Täter-Typologie, sinnvoll. Seltsam aber wirkt es, diese jämmerliche Figur mit vollem Namen durchs Land zu treiben – was ja kaum noch regulär Verurteilten wiederfährt. Und seltsam auch, dass der Stelltafel-Text H.s Entlassung wegen „krimineller Machenschaften“ so referiert, als wäre einer Beurteilung durchs MfS zu trauen. Aber der Denunziant ist eben immer das größte Schwein.

Sehenswert wird die Ausstellung, wo sie Grautöne zulässt: So zeichnet sie nicht nur die Vita des Totschlägers Erich Mielke, sondern auch seiner Vorgänger nach – die belegen, dass die Gut- und Böse-Kärtchen zwischen West und Ost anfangs so eindeutig nicht verteilt waren. Wenigstens, für den, der weiß, dass BND-Gründer Reinhard Gehlen Voll-Nazi war. Der Ausstellung täten solche Vergleiche gut. Auch wenn Bürgermeister Jens Böhrnsen von denen nichts hören will: Da fehle die qualitative Basis. Die Stasi, sagt er, habe ja die eigenen Bürger kontrolliert. Während es westlichen Nachrichtendiensten darum aus seien, „Nachrichten zu beschaffen“. Und zwar, wie Palmström lehrt, stets im Rahmen der Gesetze. Ein Tabu der Gegenüberstellung ist allerdings keine Methode, um historische Phänomene zu bewerten. Was doch, mit 20 Jahren Abstand, Zweck der Übung sein sollte.

Haus der Wissenschaft, täglich außer So. 10-19 Uhr. Bis 30. Mai