Wissenschaftsbegründer

HIP-HOP-LEGENDE Grandmaster Flash hat beinahe alle grundlegenden Techniken des DJ-ing erfunden. Wie überhaupt der Hip-Hop ohne den New Yorker undenkbar wäre. Jetzt legt der Pionier 20 Jahre nach dem letzten Album „The Bridge: Concept of a Culture“ vor

Statt stoisch Platten aufzulegen, turnt Grandmaster Flash herum und zaubert allerhand Tricks aus dem Trainingsanzugärmel

VON ROBERT MATTHIES

Das Scratchen, das hat Joseph Saddler nicht erfunden. Aber das Cutting – das Einspielen von Tracks parallel zum Beat –, das Backspinning – die Platte wird schnell zurückgedreht und ein bestimmter Abschnitt wiederholt – und das Phasing – die Erzeugung eines Phaseneffektes durch die Reduzierung der Geschwindigkeit eines Plattentellers – sind allesamt Techniken, die Saddler als DJ Grandmaster Flash erfunden hat. Außerdem eine ganze Reihe akrobatischer Kunststückchen. Und im Grunde kann man sagen, dass der Flash gemeinsam mit Kool DJ Herc das ganze Instrumentarium des DJ-ings erschaffen und perfektioniert hat. Wie überhaupt der Hip-Hop ohne Grandmaster Flash gar nicht vorstellbar scheint.

Dabei ist der, als er in den frühen 70ern in der Bronx anfängt, vor allem der Technik-Freak. Seine ersten Soundsystems bastelt sich der junge Flash, der eigentlich Elektriker werden wollte, selbst zusammen. Und auch das Plattenauflegen ist vor allem technisch beeindruckend. Statt stoisch Platten abzuspielen, turnt Grandmaster Flash herum, bedient die Plattenspieler mit den Füßen und zaubert allerhand Tricks aus dem Trainingsanzugärmel, dass bald alle namhaften MCs auf seinen Blockpartys rappen wollen.

Dabei entsteht mit Melle Mel, Cowboy, Kid(d) Creole, Rahiem und Scorpio „Grandmaster Flash and the Furious Five“, die erste klassische Hip-Hop-Band überhaupt und die unhintergehbare Grundlage für die Entwicklung des Oldschool-Hip-Hops.

Platten verkauften indes erst mal die „Sugarhill Gang“ und andere. Aber 1982 kam das legendäre „The Message“. Zwar nicht der erste Rap-Track, der die Kämpfe und Frustration des Ghetto-Lebens ansprach. Aber der erste, der mit einem langsameren Beat den gerappten Text in den Vordergrund rückte. Lorbeeren gab es dafür jede Menge. Platten verkauft hat der Grandmaster Flash trotzdem nur wenige. Als dann Ende der 80er mit Melle Mel der beste Rapper der „Furious Five“ ausstieg, um Solokarriere zu machen, wurde es sehr leise um den DJ-ing-Erfinder. Erst Ende der 90er konnte der mit dem Berliner DJ Tomekk und „Public Enemy“-Kollege Flavor Flav mit „1,2,3,…Rhymes Galore“ noch einmal für Aufsehen sorgen – vor allem in Deutschland.

Nun will es der Erfinder der „Wissenschaft, die herausfinden will, wie ich den verdammt noch mal zu kurz geratenen Teil einer Platte so weit verlängern kann, wie ich will“, noch einmal wissen. 20 Jahre nach seinem letzten Album legt der Mann, der den Plattenspieler in den Rang eines Instrumentes erhoben hat, den Nachfolger vor. „The Bridge: Concept Of A Culture“ heißt die Platte, auf der sich unter anderem Snoop Dogg, Q-Tip, Busta Rhymes, KRS-One und Big Daddy Kane die Ehre geben. Das Rad ist dabei nicht noch mal erfunden worden. Aber einmal reicht ja auch.

Fr, 22. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36