Museum mit beschränkter Haftung

Der Gründer des Mauermuseums am Checkpoint Charlie, Rainer Hildebrandt, gerät ins Zwielicht. So soll er das Museum als Selbstbedienungsladen missbraucht haben. Umstrittene Kunstaktion mit Holzkreuzen auf dem Mauerstreifen vor dem Aus

Schafft Hildebrandts Witwe Alexandra die Museumsgewinne nun ins Ausland?

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
UND PHILIPP GESSLER

Wer sich als Berlin-Tourist in den vergangenen Jahren ein Mauerstückchen gekauft hat in der Hoffnung, ein original bemaltes Mauersegment und damit ein Stück Geschichte zu besitzen, muss diese Hoffnung jetzt vielleicht fahren lassen. Der taz liegen Quittungsbelege vor, wonach osteuropäische Kunstmaler angeblich originale Mauersegmente Mitte der 1990er-Jahre koloriert haben.

Zugleich rückt das seit 1963 bestehende Haus ins Zwielicht, sollen doch sein Gründer, der 2004 verstorbene Rainer Hildebrandt, sowie Mitglieder des Vereins „Arbeitsgemeinschaft 13. August“ sich aus der Kasse in großem Stil bedient haben. Schließlich besteht die Gefahr, dass Hildebrandts Witwe Alexandra das profitable Museum mit Hilfe einer Schweizer Stiftung dem Zugriff des deutschen Fiskus entziehen will.

Derzeit sind das Museum und seine Macherin Alexandra Hildebrandt bereits in den Schlagzeilen mit der umstrittenen Mauermahnmal-Aktion. Rund 1.000 Holzkreuze und einen 180 Meter langen Mauerabschnitt hat die Witwe am Checkpoint Charlie errichten lassen und weigert sich nun, die vertraglich bis Ende 2004 begrenzte „Kunstaktion“ zu beenden. Seit gestern hat Hildebrandt deshalb eine Räumungsklage am Hals.

Schwerer noch wiegt jetzt aber, dass der Gründer Hildebrandt die Touristenattraktion wohl zu eigenen Zwecken über viele Jahre missbraucht und in der Öffentlichkeit falsch dargestellt haben soll. Obwohl der bis 2001 gemeinnützige Verein im Schnitt vom Land jährlich hunderttausende von Mark an öffentlichen Mitteln erhielt, behauptete der Vorstand 1998, das Museum werde „aus eigener Kraft getragen“. Aus Eintrittsgeldern und Buchverkäufen nahm der Verein Millionenbeträge ein.

Der Vorstand des Museums, dem Hildebrandt selbst mit angehörte, genehmigte ihm Ende Juli 1992 eine „Prämie für langjährige Dienste“ in Höhe von 60.000 Mark. Dabei erhielt Hildebrandt als Angestellter des Museums 5.300 Mark Gehalt im Monat – ein Betrag, der 1993 um 3.000 Mark erhöht wurde.

Haben Kunstmaler angeblich originale Mauersegmente koloriert?

Den Akten zufolge verstand es Hildebrandt offenbar perfekt, seine eigenen Belange mit denen des Museums zu verquicken. So stellte er ab Anfang 1996 der Arbeitsgemeinschaft pro Monat 1.900 Mark in Rechnung, weil er Teile seines Privathauses als „Gästewohnung“ des Museums geltend machte. Ende 1994 verlangte Hildebrandt vom Verein eine „Kostenbeteiligung“ von 42.000 Mark für die Betriebskosten seines Hauses. Auch die Miete für ein Privatbüro im eigenen Haus wurde vom Verein übernommen. Hinzu kamen laut vorliegenden Unterlagen noch kleinere Beträge an Hildebrandt: etwa über 3.200 Mark für einen Privaturlaub. Außerdem beantragte er 1994 vom Verein über 2.300 Mark für ein Hörgerät.

Der Coup gelang Hildebrandt aber später. Laut FAZ aus 2001 machte der Museumsgründer 4 Millionen Mark brutto für die Rechte an seinen Publikationen der vergangenen 35 Jahre geltend – obwohl er diese dem Verein früher vermacht hatte.

Dass die Gewinne des Museums jetzt in die Schweiz fließen sollen, ist zudem pikant. Statt eines Zugriffs auf ein lange Zeit öffentlich gefördertes Museum wären dem Kreuzberger Finanzamt die Hände gebunden.