Die Außenbahnen beackern

Ex-Profi Lothar Huber arbeitet als Platzwart bei Borussia Dortmund. Der ehemalige rechte Läufer des BVB kümmert sich dabei besonders um die Außenbahnen. Seinen Trainerjob gab er dafür auf

AUS DORTMUNDROLAND LEROI

Am Morgen nach dem Spiel stellt sich Lothar Huber oft auf den Rasen des Dortmunder Westfalenstadions und genießt die Leere. „Von da vorne habe ich immer die Flanken auf den Manni Burgsmüller oder den Erwin Kostedde gehauen“, schwelgt der 52-Jährige dann und gibt zu, dass er schon beim bloßen Gedanken daran eine echte Gänsehaut bekommt. Der ehemalige Profi, der bis 1986 als Rechtsverteidiger 317 Fußball-Bundesligaspiele absolvierte – davon 254 für Borussia Dortmund – hat häufig Gelegenheit, sich zu erinnern. Seit einem Jahr ist der einstige „Flankengott“ wieder beim BVB angestellt – als Platzwart.

Manche meinen zwar, dass das eine illustre und ungewöhnliche Karriere für einen Ex-Profi sei, Huber winkt aber ab. Als Borussias Manager Michael Meier irgendwann einmal bei seiner Frau Bärbel, die im BVB-Fanshop arbeitet, anfragte, ob Interesse bestünde, habe er nicht lange überlegt: „So ein Angebot bekommst du im Leben nur ein Mal.“ Nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn hatte Huber als Trainer in den Amateurligen Westfalens gearbeitet. Den Gelsenkirchener Vorortverein SC Hassel führte er von der Landes- in die Oberliga.

Den Kontakt zum BVB ließ er nie abreißen. „Ich war fast täglich beim Training. Aus Hobby. Außerdem konnte ich mir für die eigene Mannschaft etwas abschauen“, erzählt der Pfälzer. 1970 schaffte er beim 1. FC Kaiserslautern den Sprung in die Bundesliga. Sein „Traumjob“ kam nach dem Karriereende: „Ich bin ständig an der frischen Luft und hautnah in das Geschehen meines Lieblingsvereins involviert“, erzählt Huber. Außerdem könne er den Beruf des Greenkeepers, so die offizielle Stellenbezeichnung, bis zur Rente ausüben. „Als Trainer könnte ich das bestimmt nicht.“

Weil in Hassel zumeist auf Asche trainiert wird, hatte der Platzwart bis zu seinem Amtsantritt kaum Erfahrungen mit Rasenpflege. Das sei aber schnell gelernt. „Am wichtigsten ist es, die Löcher wieder so zuzumachen, dass kein schiefer Boden zurückbleibt. Das hast du aber nach acht Tagen drin“, sagt Huber, der nun in einem Vier-Mann-Team arbeitet und sich von Routinier Willi Droste die Kniffe im Umgang mit Spaten, Gabel und Walze abgeschaut hat.

Das Quartett ist akribisch bei der Sache, wenn die Profis gerade eine Übungseinheit auf dem Kleinfeld beendet haben. „Die spielen dann Vier gegen Vier und hinterlassen einen gewaltigen Flurschaden“, weist Huber auf die deutlichen Unebenheiten im matschigen Winterboden hin. Bis zu vier Stunden benötigt die Greenkeeper-Crew, um alle Löcher zu beseitigen. Demnächst wird der Stress vielleicht noch größer, wenn der BVB tatsächlich mal sein neues Trainingsgelände bezieht und bis zehn Plätze bearbeitet werden müssten.

Huber ist aber nicht sauer, wenn Jan Koller oder Christian Wörns gerade wieder ein Stück Rasen aus der Verankerung gegrätscht haben. „Im Gegenteil, die Jungs müssen Einsatz zeigen. Ich werde ja dafür bezahlt, um alles wieder herzurichten“, sagt Huber, der keinen leichten Job hat. Denn das Westfalenstadion gilt, was den Rasen angeht, als eines der niveauärmsten in der Bundesliga. Hier ist der Platzwart aber machtlos. Durch die aufgestockten Tribünen, die jetzt 83.000 Zuschauer fassen, sei die Sonneneinstrahlung eben gering. „Wir müssen uns den Gesetzen der Botanik unterwerfen. Viele neue Arenen haben dieses Problem“, meint Huber. Hinzu kommen Ereignisse wie das vom 2. Dezember 2003, als Galatasary Istanbul sein Champions League-Match gegen Juventus Turin im Westfalenstadion austrug und die türkischen Fans hinterher den Rasen stürmten. „Mir ist richtig schlecht geworden. Die haben den Platz in einen Sandkasten verwandelt“, schimpft Huber heute noch.

Damit künftig alles glatt geht, absolviert er eine 40-Stunden-Woche. Ein Spielausfall wegen schlechter Platzverhältnisse wäre „eine persönliche Niederlage. Das wird aber nie passieren“, versichert Huber, der sich besonders um die rechten Außenflügel bemüht. „Das war früher mein Revier, da lege ich immer Hand auf“, grinst Huber und freut sich, wenn seine Nachfolger den Rasen durch die Luft fliegen lassen.