Schlagfertige Jungs mit lokalem Bezug

Der Nachwuchs der Eisbären hat einen guten Ruf. Aber international hinken die Eishockey-Junioren hinterher

Ihre Vorbilder sind die großen Namen des internationalen Eishockeys. Wayne Gretzky oder Jaromir Jagr zum Beispiel. Dass der international eher unbedeutende Sven Felski auch ein Idol der jungen Kufenflitzer ist, weist auf den lokalen Bezug einiger Juniorspieler der Eisbären hin. Felski ist ein Eigengewächs aus dem Eisbären-Nachwuchsbereich und schaffte den Sprung zum Profi. Das wollen die 16- bis 18-jährigen Eisbären-Juniors aus der Deutschen Nachwuchsliga (DNL) natürlich auch. „Das ist der schlimmste Jahrgang, den ein Trainer haben kann“, seufzt jedoch Coach Andreas Gensel. Mädchen, Disko, Pubertät sind die Stichworte.

Aber bei der Partie gegen den Krefelder EV gingen Sonntagvormittag die Junioren vor rund 60 Zuschauern im Wellblechpalast energisch ans Werk. Dabei kam es schon mal zu zehnminütigen Disziplinarstrafen, wenn etwa die Kelle im Nacken des Gegners landete. Am Anfang des zweiten Drittels tummelten sich fünf Krefelder auf der engen Strafbank, sodass einer der Sünder lauthals „Wegen Überfüllung geschlossen“ reklamierte.

Auf dem Eis hatten derweil die drei verbliebenen Teamkollegen wenig gegen die Juniors zu bestellen, von denen Derek Dinger, einer ihrer Aktivposten, zum zwischenzeitlichen 3:1 einnetzte. Dies war nur ein kleiner Beitrag zum spannenden 5:4 (2:0, 1:2, 1:2, 1:0)-Erfolg nach Verlängerung, den die Ostberliner am Sonntag gegen die Nordrhein-Westfalen einfuhren. Bereits am Samstag hatten die Berliner den Kölner Junghaien mit 3:2 die Beißerchen gezogen.

Die Hohenschönhausener, die jetzt auf Rang drei in der DNL stehen und schon 1991, 1995 und 1999 Juniorenmeister waren, genießen bundesweit Renommee für ein erstklassiges Projekt, das sich etwas überspitzt auf den Nenner bringen lässt: An einem Wochenende von der Nachwuchsliga über die Oberliga bis zur DEL – der Profiklasse. Dahinter verbirgt sich ein Nachwuchskonzept, dass die Chefetage der Profi-Eisbären ausklamüsert hat. Statt teuren Nachschub für das Profiteam aus der Ferne zu rekrutieren, greift Cheftrainer Pierre Pagé jetzt direkt auf Akteure aus der Oberligamannschaft zurück, die er auch regelmäßig in Liga eins einsetzt.

Das Team in der in dieser Saison neu aus dem Boden gestampften Oberligastaffel Nordost wiederum besteht zum Teil aus Spielern, die in der Nachwuchsklasse ihr Handwerk lernen. Norman Martens und Jens Baxmann zählten beispielsweise letzte Saison noch zum DNL-Kader und spielen in dieser Spielzeit regelmäßig bei den Profis.

Für Goalie Sebastian Stefanszin ist dies noch weit entfernt. Aber er ist einer der Kandidaten, die momentan sowohl in der Oberliga als auch in der DNL ihre Künste demonstrieren. Im Dezember hütete er beim Fünf-Nationen-Turnier in der Schweiz den Kasten der U-18-Auswahl. Und musste dort miterleben, wie sein Team als Letzter das Turnier beendete. „Die Gegner haben einfach die bessere Ausbildung: mehr Technik, die sind aggressiver und nutzen ihre Chance besser“, analysiert er.

Auch die U-20-WM, die kürzlich in Grand Forks, USA, stattfand, verdeutlichte die Defizite deutscher Nachwuchsspieler, denn die stiegen aus der A-Klasse ab. Da tröstet es wenigstens, dass die Eisbären für diese Auswahl immerhin mit fünf Spielern das größte Kontingent stellten. „Das freut schon, keine Frage“, sagt Trainer Gensel, „aber andere Länder haben ganz andere Möglichkeiten bei der Nachwuchsarbeit.“

Während in Deutschland Eishockey eine Randsportart mit einem begrenzten Nachwuchspotenzial im Vergleich zum Fußball ist, können die Nachwuchstrainer etwa in Russland oder Kanada aus einem fast unerschöpflichen Reservoir schöpfen. Und die Junioren dort träumen ganz sicher auch von den Karrieren eines Wayne Gretzky oder Jaromir Jagr. Marcus Vogt