LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Klartext von Grube“, „Bahn trennt sich von vier Vorständen“, „Bitte alle aussteigen“ u. a., taz vom 14. 5. 09

Die Straße entlasten

Das Aufräumen des neuen Bahnchefs ist eine gute Nachricht, aber sie betrifft nur das ausspionierte Bahnpersonal.

Wäre es nicht an der Zeit, die Bahnbenutzer zu berücksichtigen, die sich mehrheitlich gegen eine Privatisierung der Bahn (mit entsprechender Bevorzugung der Anleger) aussprechen und für eine Bürgerbahn nach dem Vorbild der Schweiz plädieren? Erst wenn dieser Anspruch erfüllt ist, wird die Bahn tun können, was sie zugunsten von Klimaschutz und Bürgermobilität tun kann, nämlich die Straße entlasten, den Autoverkehr reduzieren, den Bürger durch ein kluges System, das auch Nebenstrecken berücksichtigt, möglichst im Taktverkehr und ohne die inzwischen chronisch gewordenen Verspätungen dorthin bringen, wo er nun einmal hin will. Darauf warten Bahnfreunde und Umweltschützer bisher vergeblich.

RUTH REHMANN, Trostberg

■ betr.: „Er könnte an ein Kreuz glauben. Der Hessische Kulturpreis wird nicht an Navid Kermani verliehen, weil zwei der Preisträger seine Interpretation des Kreuzes missbilligen“, taz vom 15. 5. 09

Beeindruckender Artikel

Ich habe damals den Artikel von Kermani gelesen und war sehr beeindruckt: Er tat, was man von einem religiösen Menschen eigentlich erwartet, er setzte sich mit der Erfahrung des Andachtsbildes auseinander und reflektierte über seine Darstellung den Kreuzestod. Für die Vertreter der kirchlichen Hierarchien offensichtlich eine Zumutung, weil dies ein Dogma ist, das man fraglos hinzunehmen hat, anstatt sich damit auseinanderzusetzen.

Kaum ein Vorgang hat die moralische und intellektuelle Verwahrlosung der Glaubensinstitutionen wohl deutlicher bloßgestellt als die Reaktionen von Lehmann und Steinacker, die nicht das Kreuz, sondern das Brett vor ihrem Kopf anbeten. Die Glaubensfunktionäre sind um kein Deut besser als seinerzeit die Ideologieverwalter des Sowjetmarxismus, für die es auch kein größeres Sakrileg gab, als die eigene Rhetorik beim Wort zu nehmen. Wirklich schade, dass man nur einmal aus der Kirche austreten kann.

MATHIAS RENÉ HOFTER, Berlin

■ betr.: Abtreibungsärzte werden unter Druck gesetzt“,taz vom 13. 5. 09

Zwang zur Perfektion

Vielleicht sind es nicht die ÄrztInnen, aber der gesellschaftliche Druck, ein perfektes, „gesundes“ Kind zu gebären, nimmt ständig zu. Inzwischen unterziehen sich zunehmend Frauen unter 35 den eigentlich für die ältere Schwangerengruppe vorgesehenen Pränataluntersuchungen. Diejenigen, die behinderte Kinder zur Welt bringen, bekommen zu hören, dass „das“ ja nicht hätte sein müssen. Damit wird der Anspruch betroffener Familien auf gesellschaftliche Hilfe häufig negiert.

Ich bin mittlerweile 35 und erwarte mein drittes Kind. Meine Gynäkologin war geradezu verzweifelt, weil ich die angebotene Fruchtwasserpunktion ebenso ablehnte wie das hilflose Angebot, mich doch wenigstens zum Genetiker zu schicken. Kein ärztlicher Druck? Gerade als feministischer Mutter graust es mir vor diesem Zwang zur Perfektion und letztendlich zum genormten Menschen. Und mal ehrlich: Mit welchem Recht empören wir uns über chinesische Schwangere, die wegen des gesellschaftlichen Drucks weibliche Föten abtreiben lassen, reklamieren aber das Recht auf mütterliche Selbstbestimmung bei Downsyndrom? Was sind wir zivilisiert und heuchlerisch! ANJA PETERS, Neubrandenburg