Wenig Licht in der Nebenjobberhöhle

CDU und FDP verweigern neue Gesetze zu Nebeneinkünften von Politikern. SPD will Neuregelung aber nur mit der Opposition zusammen. Realistisch scheint demnach der Vorschlag, regelmäßig auf neue Tätigkeiten der Abgeordneten hinzuweisen

„Bislang gibt’s die Transparenz doch nur auf dem Papier“, sagt Max Stadler (FDP)

AUS BERLIN ULRIKE WINKELMANN

Bei der Opposition hat sich am Wochenende der Widerstand gegen jede gesetzliche Neuregelung von Politikernebeneinkünften formiert.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Ramsauer (CSU), erklärte: „Die bestehenden Gesetze sind völlig ausreichend, teils schon jetzt überzogen.“ FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, es gebe unter den Abgeordneten zwar schwarze Schafe. „Aber daraus den Schluss zu ziehen: Weil sich einige nicht richtig verhalten, müsse das ganze System verändert werden – davon bin ich nicht überzeugt.“ Beide kritisierten Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der, so Ramsauer, mit seiner „ahnungslosen Kritik“ das „Misstrauen gegen die eigene Zunft“ fördere.

Thierse wiederholte gestern in der Welt am Sonntag seinen Appell an die Abgeordneten, darüber zu „debattieren, ob die Verhaltens- und Transparenzregeln zu konkretisieren und differenzieren sind“. Für die Idee, dass alle Politiker die Höhe ihrer Einkünfte veröffentlichen mögen, wählte er einen Umweg: Wenn alle Manager oder Chefredakteure verpflichtet würden, ihre Einkommen offen zu legen, „wird sich die Politik dem überhaupt nicht entziehen wollen“, behauptete Thierse.

Zuvor hatte SPD-Chef Franz Müntefering angekündigt, es solle bis Mitte des Monats „mindestens einen gemeinsamen Verfahrensvorschlag“ aller Bundestagsfraktionen geben. Damit setzte sich die SPD an die Spitze der parlamentarischen Aufklärungsbewegung – vermutlich, weil man den Schaden für die eigenen Reihen geringer schätzt als den Schaden für die Oppositionsfraktionen. Da jedoch auch Müntefering auf die Abstimmung mit der Opposition setzt, wird es im Bundestag vermutlich bestenfalls auf eine untergesetzliche Neuregelung hinauslaufen.

Hierzu hat der FDP-Abgeordnete Max Stadler einen Vorschlag bereit. Er befürchtet, wie viele Koalitionsabgeordnete auch, dass eine Veröffentlichung der Einkommenshöhe Anwälte und Unternehmensberater aus der Politik vertreiben würde. Das Wichtigste sei jedoch, dass die Öffentlichkeit von den Wirtschaftsverbindungen der Abgeordneten tatsächlich erführe. Deshalb könne Thierse mit einer regelmäßig veröffentlichten Aufstellung über die Nebenjobs für Aufmerksamkeit sorgen. So würden besonders die etwas „anrüchigen“ Tätigkeiten, die „während der Parlamentsarbeit neu begonnen wurden“, ausreichend gewürdigt. „Bislang gibt’s die Transparenz doch nur auf dem Papier“, sagte Stadler zur taz.

Gegenwärtig machen die Abgeordneten ihre Nebenjobs im Bundestagshandbuch und unter www.bundestag.de bekannt. Hier wird zwischen ehrenamtlich und nicht ehrenamtlich unterschieden. Nur Thierse erfährt von der Höhe der Nebeneinkünfte, soweit sie 3.000 Euro im Monat beziehungsweise 18.000 Euro im Jahr überschreiten.

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