HAMBURGER SZENE
: Raus aus der Natur

Von überall eilen Menschen in kurzen Hosen herbei und auf mich zu. Mich befällt Platzangst. Nichts wie raus hier!

Sonntagmittag. Hamburger Straße. Gemütlich rolle ich mit meinem Fahrrad die Hauptstraße entlang und wundere mich. Wo sind sie hin, die Fußgänger und Raser? Kein Mensch ist zu sehen. Die Sonne brennt heiß auf dem Asphalt. Am Mundsburger Damm das gleiche, öde Bild. Niemand da. Ja, sind denn heute schon Wahlen?

Ich fahre weiter in Richtung Alsterglacis, in Vorfreude auf den Seeblick und beruhigendes Vogelgezwitscher. Hier, so beschließe ich, würde ich im kühlen Schatten der Bäume absteigen, um für einige Meter mein Rad die Alster entlang zu schieben. Bloß keine Eile. Diesen Gedanken kaum zu Ende gedacht, erkenne ich sie. Schwitzend, keuchend, alleine und in Gruppen bevölkern sie den Weg: Jogger.

Hunderte müssen sich heute aufgemacht haben, ihre Laufschuhe und Pulsuhren auszuführen. Hier also sind sie, die Fußgänger und Raser. Immer lauter wird das Trampeln und Hecheln. Von überall eilen Menschen in kurzen Hosen herbei und auf mich zu. Paare hetzen mitsamt ihrer Kinderwagen vorbei, dass der Schotter nur so spritzt.

Mich befällt Platzangst. Ich trete kräftig in die Pedale und weiche zunehmend hektisch den mir Entgegenkommenden aus. Nichts wie raus hier! Dann endlich, der Weg am Ufer lichtet sich. Ich bin wieder in der Stadt.UTA GENSICHEN