Das ideale Bundespräsident

WAHL Am Samstag entscheidet sich, ob Horst Köhler Bundespräsident bleibt oder mit Gesine Schwan erstmals eine Frau ins höchste deutsche Amt gewählt wird. Was für Eigenschaften braucht man eigentlich für diesen Job? Die taz hat das perfekte und geschlechtsneutrale Staatsoberhaupt gebastelt – aus acht bisherigen Amtsinhabern. Das ideale Bundes- präsident (DIB) ist das Beste von Heuss bis Rau

Der Ohrenschmaus:Das DIB bringt die Leute zum Lachen. Unerreicht gut konnte das Heinrich Lübke. Die besten Patzer seiner Reden sind auf zig Internetseiten und sogar auf CD festgehalten. „Er beeindruckte durch seine Schlichtheit“, sagte Willy Brandt und meinte das wohl nett.

Das Hirn: Das DIB muss ein gutes Gedächtnis haben. „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“, sagte Richard von Weizsäcker, der große Geschichtslehrer. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit war für ihn die Antwort auf alle Fragen.

Die Rede:Das DIB muss sprechen können. Roman Herzog redete zu allen und über alles. Auf den Ruck, den er 1997 forderte, wartet Deutschland zwar noch, aber es herrschen auch „schwierige Bedingungen“. Von denen sprach Herzog am liebsten.

Der Blick:Das DIB sieht die Möglichkeiten. Besonders offen war Gustav Heinemann. Erst war er bei der CDU, später bei der SPD, dazwischen gründete er eine eigene Partei. Und er sah voraus, war für ein liberales Sexualstrafrecht und mehr Bürgerbeteiligung.

Die Stimme:Das DIB pflegt deutsches Kulturgut. Walter Scheel landete mit seiner Interpretation des Volkslieds „Hoch auf dem gelben Wahageen“ 1974 auf Platz 5 der Charts. Mit seiner ansteckenden Fröhlichkeit hätten wir sogar Grand-Prix-Chancen.

Die Haltung:Das DIB sollte an etwas glauben. Johannes Rau ertappte man häufiger mit gefalteten Händen oder beim Segensgruß. Sein christlicher Familienhintergrund und seine Bibelfestigkeit brachten ihm den Namen Bruder Johannes ein.

Das Weibliche:Das DIB ist offen für alles. Theodor Heuss lebte seine weibliche Seite aus und führte den Haushalt, als seine Frau Elly schwer krank war. In den Posten als Kultusminister in Stuttgart ließ er sich mit einem „Dienstmädle“ als Gegenleistung locken.

Die Beine:Das DIB kennt sein Land. Karl Carstens wanderte zu seiner Zeit als Staatsoberhaupt 1.600 Kilometer quer durch alle deutschen Bundesländer, von der Ostsee bis an die Alpen. Tausende begleiteten ihn. Das ist hart erlaufener Föderalismus.

Texte: Daniela Zinser; Fotos: ap, Eckehard Schulz/ap, Alastair Grant/ap, imago/mcphoto, S. Kirch/plainpicture, Richard Drew/ap, Jens Meyer/ap