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Archiv-Artikel

Es muss kein Kreuz sein

Auftakt zur heißen Phase: die Parteien starten ihre Promotion-Touren und die amtlichen Stimmzettel für Schleswig-Holsteins Landtagswahl am 20. Februar sind im Druck. Die taz gibt Tipps, wie man sie richtig ausfüllt

Die Kandidaten scharren unüberhörbar mit den Hufen, die heiße Phase des Wahlkampfs in Schleswig-Holstein hat begonnen (siehe unten). Doch die ganze schöne politische Willensbildung nützt nichts, wenn der Wahlvorgang selbst im Dunkeln liegt. Das Ausfüllen der Stimmzettel selbst ist nämlich keineswegs so einfach, wie man glauben könnte. So legt der Paragraf 40 des Landeswahlgesetzes von Schleswig-Holstein fest: „Ungültig sind Stimmen, wenn der Stimmzettel als nicht amtlich erkennbar ist.“ Auf keinen Fall sollte der Wähler etwa auf den Gedanken kommen, mit einem selbst gemalten Stimmzettel im Wahllokal aufzutauchen. Als „mangelhafte Stimmzettel“, die zur Ungültigkeit der Stimmen führen, gelten unter anderem folgende Fälle: „Ausschnitt oder Ablichtung von einem Wahlplakat oder -flugblatt, Stimmzettel nachgedruckt oder handschriftlich hergestellt“ (Paragraf 56, Absatz 1, Nummer 3 der Landeswahlordnung).

Ungültig sind die Stimmzettel auch dann, wenn sie „völlig durchgerissen“ sind, es sei denn, dieser Mangel ist „erst nach Abgabe des Stimmzettels entstanden“. Keine Sorgen braucht sich zu machen, wessen Stimmzettel „bei der Kennzeichnung leicht beschädigt (z.B. harter Bleistift)“ wurde. Auch „leicht zerknittert oder befleckt“ ist der Zettel gültig, und sollte er „nicht einwandfrei beschnitten oder mit Herstellungsfehlern behaftet sein“, kann der Wähler ja wohl nichts dafür. Diese Mängel sind darum unerheblich.

Am kompliziertesten aber ist eindeutig der Themenkomplex des korrekten Ankreuzens. In einem Rundschreiben des Landeswahlleiters, veröffentlicht im Amtsblatt Schleswig-Holstein 2004, Seite 774, findet sich unter dem Punkt „Kennzeichnung der Stimmzettel“ ausdrücklich der Hinweis: „Es muss nicht unbedingt ein Kreuz sein.“ Ausdrücklich erlaubt ist das „Ausfüllen, Umranden, Anstreichen, Unterstreichen, Durchstreichen oder Abhaken eines Kreises.“ Besonders der Punkt „Ausfüllen“ eröffnet einen gewissen demokratischen Spielraum, denn wie der Kreis ausgefüllt werden muss, steht nicht da. Denkbar ist vielleicht eine kleine Zeichnung, wobei gewisse Einschränkungen der künstlerischen Freiheit hingenommen werden müssen: Meinungs- und Gefühlsäußerungen („z.B. ‚gute Frau / guter Mann‘, ‚doof‘“) führen zur Ungültigkeit des Stimmzettels, genauso wie „Forderungen, Aufträge oder Wünsche an Bewerberin / Bewerber oder Partei“ (Landeswahlordnung, Paragraf 56, Absatz 2).

Ganz schlecht ist der Landeswahlleiter auf Wähler zu sprechen, die sich nicht entscheiden können und darum „mehrere Bewerberinnen / Bewerber oder mehrere Landeslisten gekennzeichnet haben“. Entscheiden sollte man sich schon können, wobei bei den verschlungenen Wegen der Entscheidungsfindung wieder Nachsicht geübt wird. Solche durchaus mangelhaften Stimmzettel sind nämlich trotzdem gültig, wenn „alle bis auf ein Kennzeichen zweifelsfrei getilgt“ sind oder „bei einem Kennzeichen ‚gilt‘ o.ä. vermerkt ist“. Besonders vorausschauend ist, dass auch dann ein Auge zugedrückt wird, falls „sich die mit Tinte oder dgl. vorgenommene Kennzeichnung beim Zusammenfalten an anderer Stelle abgedruckt hat“.

Man sieht, das Ausfüllen der Stimmzettel ist ziemlich umfassend geregelt, besonders knifflige Fälle entscheidet der jeweilige Wahlvorstand. So ist zum Beispiel ein Stimmzettel ungültig, wenn das Kreuz so groß geraten ist, „dass es sich über mehrere Kreise und Felder erstreckt“. Das gilt auch dann, „wenn Schnittpunkt in einem Kreis oder Feld liegt“, nicht jedoch, „wenn Kennzeichnung nur unwesentlich in ein Nachbarfeld hineinragt“. Die Frage ist jetzt natürlich, was „unwesentlich“ bedeutet.Daniel Wiese