Fenster bis Sommerpause offen

Bundespräsident Köhler spricht mit CSU-Chef Stoiber und SPD-Chef Müntefering über Wiederaufnahme der abgebrochenen Verhandlungen über eine Föderalismusreform

BERLIN taz ■ Bundespräsident Horst Köhler hat sich gestern darum bemüht, den festgefahrenen Verhandlungen über eine Föderalismusreform neuen Schwung zu verleihen: Er bat den SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering und den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zu einem Informationsgespräch über den Verhandlungsverlauf der Bund-Länder-Kommission, in der die beiden Spitzenpolitiker die Federführung innehatten. Kurz vor Weihnachten war ein parteiübergreifender Kompromiss an einem Streit über die Neuaufteilung der Bildungskompetenzen gescheitert.

Köhler hat nach Einschätzung von Beobachtern damit ein weiteres Mal gezeigt, dass er sein Amt nicht ausschließlich als repräsentative Aufgabe versteht und sich nicht darauf beschränken will, die politische und gesellschaftliche Diskussion in der Bundesrepublik durch öffentliche Ansprachen zu beleben. Das Thema Föderalismus berührt durchaus strukturelle Grundsatzfragen der Politik und kann somit vom Bundespräsidenten als Teil seines Arbeitsgebietes reklamiert werden.

Ob der Initiative von Köhler allerdings Erfolg beschieden sein wird, bleibt abzuwarten. Die Konflikte verlaufen bei diesem Thema nicht streng entlang der Parteilinien, sondern auch entlang widerstreitender Interessen der verschiedenen Bundesländer. Darüber hinaus scheinen sich auch interne Machtkämpfe unauffällig austragen zu lassen: Der Widerstand der CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch und Christian Wulff gegen den von Stoiber und Müntefering ausgehandelten Kompromiss wurde von Beobachtern unter anderem als Wunsch gewertet, die Position des bayerischen Ministerpräsidenten nicht zu stark werden zu lassen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßte gestern die Initiative des Bundespräsidenten ebenso wie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Dieser rief die Ministerpräsidenten zur Kompromissbereitschaft auf, erklärte jedoch zugleich, einige „Hardliner“ müssten nun überzeugt werden, dass der Bund bei der Bildung weiter mitreden solle. Immerhin erklärte Stoiber gestern nach dem Treffen, das Fenster für eine Einigung sei bis zur Sommerpause noch offen. BETTINA GAUS