Kirche soll im Dorf bleiben

Trotz massiver Einschnitte plant das Ruhrbistum Essen, vorerst keine Kirchen zu schließen. Dafür wird jede zweite Stelle und jeder dritte Kindergartenplatz abgebaut

RUHR taz ■ Das Ruhrbistum Essen will durch die Fusion von Kirchengemeinden jede zweite Stelle abbauen. Dabei will das Bistum aber „die Kirche im Dorf lassen“, so Generalvikar Hans-Werner Thönnes in Essen. Zwar werden wegen sinkender Kirchensteuereinnahmen die Verwaltungen von jeweils vier bis sieben Kirchengemeinden zusammengelegt, Kirchenschließungen sind jedoch nicht vorgesehen. „Längerfristig können wir das aber auch nicht ausschließen“, sagt Bistumssprecher Ulrich Lota gegenüber der taz. Bei nur 10 bis 15 Prozent Kirchgängern seien die Gotteshäuser nicht ausgelastet.

„Es herrscht den Kirchen gegenüber eine überzogene Anspruchshaltung“, sagt Lota. Einerseits würden jedes Jahr bis zu 18.000 Katholiken austreten, anderseits würde erwartet, dass die Kirchen ihre Strukturen aufrecht erhalten. „Das passt nicht zusammen“, sagt er. Wegen sinkender Einnahmen und einem Rückgang der katholischen Kinder sollen 100 Kindertagesstätten zwischen Duisburg und dem Sauerland aufgegeben werden. Mit der Verschiebung der Trägerschaft der Kindertageseinrichtungen, die bisher den Kirchengemeinden unterstanden, auf eine gemeinnützige GmbH will das Ruhrbistum einen Stellenabbau verhindern. „Damit ist ein flexiblere Personaleinsatz möglich“, sagt Lotha.

Eine Flexibilisierung des Angebots ist bei den Trägern von Kindergärten auch aus einem anderen Grund nötig: In einer gemeinsamen Erklärung des Landesministeriums für Schule, Jugend und Kinder, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Kirchen vom Dezember wollen sich alle Beteiligten „für den bedarfsgerechten Ausbau von Plätzen für unter Dreijährige“ einsetzen. Der Bedarf liegt je nach Studie zwischen zehn und fünfzig Prozent, nur für ein bis drei Prozent steht ein Platz zur Verfügung. In einem neuen Bundesgesetz sollen die Kommunen außerdem verpflichtet werden, Einsparungen durch Hartz IV in den Ausbau der Plätze für Kleinkinder zu stecken.

Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR), die auf ihrer Landessynode einen massiven Kindergartenplatz-Abbau bei ihren Trägern – vor allem im Ruhrgebiet – ankündigt, steht dennoch zu ihrer Erklärung, beim Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren helfen zu wollen. „Wir sind bereit, zusammen mit der Politik neue Wege zu finden“, sagt Eva Schüler, Sprecherin der EKiR. Gleichzeitig stellt ihre Kirche auch Ansprüche an das Land: „Wir fordern, den Eigenanteil der kirchlichen Träger auf 10 Prozent zu senken“, sagt Schüler. Ralph Fleischhauer, Sprecher des Kinder- und Jugendministeriums, weist die Forderung zurück: „Auch unsere Kassen sind leer.“

NATALIE WIESMANN