Ohne Zeichen der Reue

Abgeordnete erklären Landtagspräsidenten, was sie bei ihrem Nebenjob bei Volkswagen getan haben wollen. Heute legt VW-Konzern Liste der Mitarbeiter vor, die zugleich Parlamentarier sind

Von Kai Schöneberg

Sie sind VW-Angestellter und Abgeordneter? Dann müssen Sie heute zittern. VW-Chef Bernd Pischetsrieder will nämlich endlich eine Liste von Parlamentariern vorlegen, die auch beim Global Player in Lohn und Brot stehen. Das sicherte Pischetsrieder gestern in einem Telefonat einem immer ungeduldigeren Christian Wulff zu. Bislang hatte er Ende Januar als Termin genannt. Der CDU-Ministerpräsident hatte in seiner Funktion als Aufsichtsrat bei VW darauf gedrungen, dass Abgeordnete mit Nebenjobs gemeldet werden. Darauf hatte VW in einer Mail an tausende Mitarbeiter um Aufklärung gebeten.

Unter den sechs bislang genannten SPDlern stechen vor allem zwei Hinterbänkler hervor. Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen hatten nicht nur am Dienstag beim Termin mit ihrem Fraktionschef Sigmar Gabriel wenig Reue gezeigt. Gestern betonten sie zudem in einer wachsweichen Erklärung, dass „sowohl Art, Umfang und Inhalt der Tätigkeit als auch die gezahlten Vergütungen mit dem Abgeordnetengesetz vereinbar sind“. Zuvor hatten sie Landtagspräsident Jürgen Gansäuer VW-Arbeitsverträge und Lohnabrechnungen überreicht und betont, sie wollten „aktiv und konstruktiv“ daran mitwirken, offene Fragen über ihre Tätigkeit zu klären und „missverständliche Deutungen“ auszuräumen.

Zu Details wollten die Abgeordneten „auf Grund des schwebenden Verfahrens nur gegenüber dem Landtagspräsidenten Stellung nehmen“. Weil die Sozen weiter verschwiegen, wofür sie seit 1994 neben ihrer Abgeordneten-Diät angeblich bis zu 3.000 Euro monatlich plus Dienstwagen erhalten haben, blieben unschöne Spekulationen im Raum. Als „Eingeständnis“, dass Viereck und Wendhausen „über Jahre üppige Gehälter vom Volkswagen-Konzern erhalten haben, ohne dafür eine Gegenleistung erbracht zu haben“, wertete prompt CDU-Fraktionschef David McAllister ihre Erklärung. Die Grünen hatten bereits am Vortag betont, es handle sich „um Korruption, wenn keine Arbeitsleistung erfolgte“.

Man könnte es auch „Raubtier-Lobbyismus“ nennen, wenn stimmt, dass Vierecks Tätigkeit für VW darin bestand, gebrauchte Volkswagen zu günstigen Preisen an Kollegen im Landtag in Hannover zu verkaufen, wie Zeitungen berichtet hatten.

„Männe“ Wendhausen steht indes in der Kritik, weil er sich zu Regierungszeiten im Wirtschaftsausschuss des Landtags für seinen anderen Dienstherren stark gemacht haben soll, zum Beispiel bei Themen wie Antriebssystemen und Brennstoffzellen.

Klar ist: In der SPD-Fraktion würde wohl derzeit kaum jemand eine Träne vergießen, wenn die beiden Beschuldigten so bald wie möglich das Handtuch werfen. Fast sicher scheint auch, dass CDU-Landtagspräsident Gansäuer die Angaben von Viereck und Wendhausen mehr als genau prüfen wird. Er will sich bereits heute dazu äußern.

Im Falle eines Falles kann er die zu Unrecht erhaltenen VW-Zahlungen zurückfordern. Es geht um bis zu 400.000 Euro pro Abgeordneten – also um deren Existenz. Noch spricht die Fraktion den beiden ihr „Vertrauen“ aus. Mittelfristig sind sie wahrscheinlich aber nicht zu halten.

Auch die interne VW-Richtlinie, nach der VW-Beschäftigte auch als Parlamentarier Anspruch auf die volle Fortzahlung ihrer Gehälter haben sollen, wirbelte gestern Staub auf. Die Richtlinie soll nämlich bereits 1990, zu Zeiten der früheren schwarz-gelben Landesregierung, verfasst worden sein. Damals hatte der derzeitige Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) denselben Posten im Kabinett Albrecht inne. Hirches Sprecher sagte, der Minister sei damals als VW-Aufsichtsrat nicht mit der Richtlinie befasst gewesen.