Bremer Literaturförderpreis
: Antje Rávic Strubel ausgezeichnet

„Das Lächeln des amerikanischen Offiziers da draußen auf dem riesigen Feld nach der Aufregung beim Landeanflug, das kann man nicht vergessen. (...) Was sonst? Eine Geschichte hat viele Schlupflöcher.“ Zwischen diesen Sätzen liegen 317 Seiten, laut Literaturpreis-Jury ein „abgründiges Porträt des Lebenswillens“. Und damit 6.000 Fördereuro wert.

Am 26. Januar werden sie Antje Rávic Strubel im Rathaus überreicht, Seite an Seite mit Hauptpreisträgerin Brigitte Kronauer. Heute, 20 Uhr, liest die Potsdamerin bereits im Staatsarchiv aus „Tupolew 134“. Ein Roman über das 1978 spontan entführte Flugzeug, mit dem sich zwei DDR-Bürger absetzten.

Als 30-Jährige (zur Wende 15) ist Strubel eigentlich zu jung für die Generation Trabbi, nichtsdestotrotz ist „Tupolew 134“ genauso wie Strubels drei Vorgängerromane kaum weniger retrospektiv als die Bücher der golfgenerierten West-Autoren. In immer anderen Settings kombiniert sie ost/westdeutsche (weibliche) Liebespaare, die durch ihre jeweiligen Prägungen stolpern. Etwa in „Fremd Gehen“, wo sich ein gemischtdeutsches Krimiautorinnen-Paar nicht mal auf den gemeinsamen Mörder einigen kann.

Mittlerweile gern gelobt ist Strubels „ethnologischer Zugriff“, mit dem sie in geschichtliche und persönliche Verhältnisse eindringt. Vor den Bremer JurorInnen haben diese Qualität schon die Preisrichter der Klagenfurter Literaturtage erkannt, aber auch ländlich orientiertere Leser wie die Verleiher der Bad Gandersheimer Roswitha-Medaille. Dabei ist Strubel doch auch immer mal wieder als taz-Autorin präsent. HB