KOMMENTAR VON GERNOT KNÖDLER
: Wenn es kein Entkommen mehr gibt

Ist es nicht unheimlich, in einer Gesellschaft zu leben, in der Subversion unmöglich ist?

Wenn Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Montag im beschaulichen Hildesheim zwei Videoüberwachungssysteme einschaltet, ist das ein Alarmzeichen. Der Akt steht für eine schleichende Entwicklung, die die Freiheit gefährdet.

Ob Videoüberwachung Straftaten verhindert oder Straftäter abschreckt, ist umstritten. Zur Ermittlung von Tätern scheint sie beizutragen. Doch der Preis, den wir für diesen Vorteil bezahlen, ist hoch. Die Öffentlichkeit gewöhnt sich daran, dass sie auf Schritt und Tritt kontrolliert werden kann. Dabei reicht die Fantasie bei vielen nicht aus, sich vorzustellen, wie dieses Überwachungssystem perfektioniert und missbraucht werden kann. Gesichtserkennungssoftware wird es ermöglichen, gezielt Menschen zu verfolgen – schon heute geht das mit dem Mautsystem Toll Collect.

Zwar leben wir in einer Demokratie, in der die Kontrolle des Sicherheitsapparates gewährleistet ist. Aber wer sagt denn, dass sich nicht Dritte Zugang zu solchen Informationsquellen beschaffen können? Organisationen, die Kritiker mundtot machen wollen, könnten in den Besitz der Daten kommen.

Es hinterlässt ein ungutes Gefühl, dass vermeintliches Fehlverhalten stets und überall erkannt und geahndet werden kann. Ist es nicht unheimlich, in einer Gesellschaft zu leben, in der Subversion unmöglich ist?