Ein Inder darf kein Franzose sein

Ausländeramt lässt EU-Bürger durch Polizei abführen und einsperren, weil er seinen Pass gefälscht haben soll. Ermittlungen gegen Polizei und Behördenmitarbeiter wegen martialischer Behandlung. Anwalt warnt: „Das ist kein Einzelfall“

Von Eva Weikert

Félix Antoine hat von Hamburg erstmal genug. Der französische Staatsbürger, der seit 2003 in der Hansestadt wohnt, besucht zurzeit seine von der Flutkatastrophe betroffene Familie in Südindien. Von dort stammt der EU-Bürger mit dunkler Hautfarbe, der kürzlich einen Albtraum im Altonaer Ausländeramt erlebte. Weil Mitarbeiter ihn verdächtigten, einen gefälschten Pass zu besitzen, ließen sie ihn durch Polizisten in Handschellen abführen. Mit dem Konsulat telefonieren durfte er nicht. Stattdessen wurde er eingesperrt. „Es hätte kein unmittelbarer Zwang ausgeübt werden dürfen“, rügt Anwalt Mülayim Hüseyin, „das Verhalten von Polizei und Amt war unverhältnismäßig.“ Antoine hat jetzt Strafanzeige erstattet.

„Es ist ein dreister, aber leider kein Einzelfall“, sagt Jurist Hüseyin über die bittere Erfahrung seines Mandanten, gegen den der Fälschungsvorwurf inzwischen zurückgenommen wurde. Nach seiner Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung und Nötigung befasst sich jetzt das Dezernat Interne Ermittlungen mit dem Fall (siehe Kasten). Im Dezember hatte der indischstämmige Franzose zweimal die Ausländerabteilung im Altonaer Rathaus aufgesucht. Als EU-Bürger braucht er keine Genehmigung für seinen Aufenthalt hier. Er wollte sich diesen nur amtlich bestätigen lassen. Schon am 8. des Monats habe er die Behandlung wegen des „rüden Tons als beleidigend und ehrverletzend“ empfunden, so Antoine.

Sein Pass sei misstrauisch beäugt worden, weil dort kein Familienname eingetragen ist. Aber seiner Erklärung, dass in Südindien viele Menschen nur einen Vornamen haben, hätten die zwei zuständigen Mitarbeiter nicht geglaubt. Statt dessen sei ihm vorgeworfen worden, das „vollständige Ausfüllen“ der für die Aufenthaltsbestätigung nötigen Formulare zu verweigern.

Als Antoine das Papier schließlich in den Händen hält, findet er einen Schreibfehler in seinem Namen. Um ihn korrigieren zu lassen, sucht er das Amt am 28. Dezember erneut auf. Er wusste nicht, dass von dort inzwischen eine Kopie seines Passes an das Bundeskriminalamt (BKA) geschickt worden war. Anhand der Blaupause wollte das BKA eine Fälschung erkannt haben. Zwei Polizisten hielten ihn schon „am Oberarm fest, als mir gesagt wurde, dass die Papiere falsch sind“, berichtet Antoine. Die Polizisten hätten ihm das Handy abgenommen, als er sein Konsulat anrufen wollte, ihn am ganzen Körper durchsucht und abgeführt: „Ab diesem Zeitpunkt wurde ich von diesen geduzt.“

Antoine wurde erst in eine Zelle der Wache Mörkenstraße gesperrt und dann in Handschellen ins Polizeipräsidium verfrachtet, erkennungsdienstlich erfasst und erneut weggeschlossen. Wie sein Anwalt berichtet, ließen ihn Kriminalbeamte erst später am Tag wieder frei. „Mein Mandant war freiwillig ins Amt gekommen und nicht flüchtig“, empört sich Hüseyin über die martialische Festnahme. „Er wurde wie ein schlimmer ausländischer Krimineller behandelt, der dem reinblütigen Deutschland schaden will.“ Offenbar mangele es den Verantwortlichen an „Sachverstand darüber, dass auch ein Inder französischer Staatsbürger sein kann.“

Das Bezirksamt selbst wollte zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen, „weil das ein laufendes Verfahren ist“, so Sprecher Rainer Doleschall. Jurist Hüseyin wandte sich unterdessen an Amnesty International zur Aufnahme des Hamburger Falls in den Menschenrechtsbericht.