Schlafen hinter Panzerglas

Oberverwaltungsgericht weist Klagen gegen CT IV zurück. Weddewarden sei „Mischgebiet“, Lärm daher hinzunehmen. Anwohner sehen dennoch Erfolge

Bremen taz ■ Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat gestern die Sammelklage von knapp 50 EinwohnerInnen des Bremerhavener Stadtteils Weddewarden gegen den Bau des neuen Containerterminals CT IV abgewiesen. Die Wasser- und Schifffahrtdirektion Aurich, die im Juni den Planfeststellungsbeschluss für die kilometerlange Hafenerweiterung erlassen hatte, sei zurecht davon ausgegangen, dass der Container-Verkehre weiter zunehmen werde. Von der Hafenerweiterung seien zudem „deutliche positive Beschäftigungseffekte“ zu erwarten – öffentliche Belange, hinter denen die Interessen der Anwohner zurückstehen müssten. Die vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen für das Dorf seien ausreichend.

Klägeranwalt Martin Hack bestreitet das. Um nicht in Konflikt mit den geltenden Lärmschutzwerten zu gelangen, deklarierte das Gericht das Wohngebiet Weddewarden nämlich flugs zu einem Gebiet, auf dem eine „Gemengelage“ verschiedener Nutzungen vorliege – weswegen es dort gut dreimal so laut sein dürfe. Hack empört: „Die bauen die Gemengelage doch erst.“

Wirtschafts- und Häfensenator Peter Gloystein (CDU) begrüßte gestern die „Planungssicherheit“, die das Urteil schaffe. Er pries das anspruchsvolle Schallschutzprogramm, das Schallschutzfenster und – weil diese immer geschlossen sein müssen – Lüftungsanlagen für alle Häuser im Ortskern vorsieht. Der Sprecher der Bürgergemeinschaft Weddewarden, Ulf Jacobsen, betonte dagegen, dass die meisten Weddewardener schon bei der letzten Hafenerweiterung Anspruch auf derlei Schutzmaßnahmen erlangt hätten. Schon CT IIIa belaste den Ort mehr als zulässig. „Wir werden gezwungen, hinter Panzerglas zu schlafen“, ärgert er sich.

Im Detail, so Jacobsen, habe man jedoch dank des hartnäckigen und auch vor Gericht ausgefochtenen Widerstands einige Verbesserungen für den Ortsteil erreicht. Auch habe das Gericht die anfangs stets als Begründung für das CT IV angeführten Arbeitsplatzzahlen deutlich nach unten korrigiert. Zuletzt sei lediglich noch von „Arbeitsplatzerhalt“ die Rede gewesen, berichtete Jacobsen: „Niemand darf mehr von 11.000 Arbeitsplätzen reden“. Zu behaupten, die Klage sei „gescheitert“, sei daher falsch.

Vor Gericht hatten die Kläger unter anderem argumentiert, dass sich die angestrebte Kapazitätserweiterung des Hafens auch ganz ohne den Kajenneubau erreichen ließe. Dazu müsse lediglich Eurogate so effizient arbeiten wie die Reederei NTB North Sea Terminal Bremerhaven GmbH. NTB schlägt an jedem Meter Kaje 1.700 Standardcontainereinheiten pro Jahr um, Eurogate 800.

Dank CT IV werde Weddewarden vom „Dorf am Meer“ zur „Abluftzone eines Gewerbegebietes“, kritisierte Hack. Ob die KlägerInnen weiter prozessieren werden, ist noch nicht entschieden. sim/cal