Aufschub für Imam

Verfassungsschutz-Ausschuss diskutiert über Ausweisung des Imams der Mevlana-Moschee. Grüne bezeichnen sie als falsch, Imam klagt

VON SABINE AM ORDE

Yakup Tasci hat Ende vergangenen Jahres für Aufregung gesorgt. Da strahlte das ZDF-Magazin „Frontal 21“ einen Mitschnitt einer seiner Predigten in der Kreuzberger Mevlana-Moschee aus. Dem zufolge soll der Imam gepredigt haben, dass die Deutschen stinken, als Ungläubige im Höllenfeuer schmoren werden und sowieso ohne Nutzen seien.

Später wurde bekannt, dass Tasci für den Verfassungsschutz kein Unbekannter ist. Bei einer Demonstration im Juni auf dem Kreuzberger Oranienplatz soll er Selbstmordattentate im Irak und in Israel gebilligt und die Attentäter als Märtyrer glorifiziert haben. Davon hat die Innenbehörde Mitschnitte. Auch war Tasci lange Vorstandsmitglied von Milli Görüs Berlin, die vom Verfassungsschutz als islamistisch eingestuft und beobachtet wird. Auch in der Islamischen Föderation, die als Tarnorganisation von Milli Görus bezeichnet werden darf und zu der die Mevlana-Moschee gehört, war er stellvertretender Vorsitzender. Tasci gründete die Moschee mit und ist seit den 70er-Jahren dort Hauptprediger.

All das ist zu verurteilen, darüber war sich der Verfassungsschutz-Ausschuss des Abgeordnetenhauses gestern einig. Aber rechtfertigt dies auch die Ausweisung eines Mannes, der seit 31 Jahren in Deutschland lebt? Darüber diskutierten die Abgeordneten. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) meint: Ja. Entscheidend sei, dass die Äußerungen des 58-Jährigen Gewalt den Boden bereiteten. „Wenn die Menschenwürde des anderen nicht mehr gegeben ist“, so Körting, „dann ist der Schritt vom Islamismus zum Terrorismus nicht mehr weit.“ Deshalb sehe er in den Äußerungen Tascis eine Sicherheitsgefährdung. Der Innensenator äußerte jedoch Zweifel, ob diese auch strafrechtlich relevant ist. Grundlage der Ausweisung ist jedoch nicht das Strafrecht, sondern eine Verschärfung des Ausländerrechts, die Ausweisungen ermöglicht, wenn die Sicherheit gefährdet ist.

Der grüne Fraktionschef Volker Ratzmann widersprach. „Ich halte die Entscheidung für falsch.“ Wichtig sei vor allem, welche Auswirkungen die Ausweisung auf die anderen Muslime der Stadt habe. In Sachen Integration sei sie das falsche Signal. Im Übrigen gebe es extreme Äußerungen auch aus anderen religiösen Kreisen, sagte Ratzmann und verwies auf die umstrittenen Äußerungen des Kölner Kardinals Joachim Meisner zu Holocaust und Abtreibung.

Ähnlich, wenn auch nicht ganz klar, äußerte sich die PDS, die immerhin Körtings Koalitionspartner ist. „Es bleibt eine Schwierigkeit, wenn man jemanden, der 31 Jahre hier lebt, anders behandelt als alle anderen“, kritisierte der Abgeordnete Steffen Zillich. CDU und FDP unterstützen die Entscheidung Körtings.

Unterdessen klagt der Imam gegen seine Ausweisung. Deshalb muss er zunächst nicht ausreisen. Das Verwaltungsgericht kündigte gestern an, sich schnell mit dem Fall zu befassen. Körting räumte ein, mit dem Fall Neuland zu betreten: „Es hat in Berlin noch keinen vergleichbaren Fall gegeben.“ Auch bundesweit ist noch kein islamischer Geistlicher ausgewiesen worden.