Im Bett des Siegers

Ein eleganter Film zur „F. C. Flick Collection“ steht im Mittelpunkt eines Themenabends zur Berliner Kunstszene

„Acht Bilder zum Nachdenken, ob’s so weitergeht“. Am Anfang von Heinz Peter Schwerfels Dokumentation über die Sammlung des Friedrich Christian Flick, die gerade im Hamburger Bahnhof in Berlin zu sehen ist, steht der Filmtitel als Zitat eines Arrangements von Martin Kippenberger. Damit scheint der übliche Spannungsbogen gezogen zu sein: Flick vs. Kippenberger, zwei Geschichtsringer, die politisch nichts gemeinsam haben und doch denselben Gegenstand zu Boden kriegen wollen. Doch der Film geht über das Abarbeiten an diesen zwei erinnerungskulturellen Ikonen weit hinaus.

Das erste Wort des Films hat Kanzler Schröder. Wie er in seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung die Sammlung und die Geschichte, woher das Geld zum Sammeln überhaupt kam, zu trennen versucht, setzt er ein immer wieder aufgegriffenes Leitmotiv zur Rechtfertigung der Ausstellung. Erst Schwerfel führt vor, dass diese Trennung nicht haltbar ist – und benutzt dazu „Mick“ Flick höchst persönlich.

Den lässt er nämlich im Hamburger Bahnhof seine eigene Sammlung kommentieren. Inmitten des windschiefen Spanplatten-Saloons von Paul McCarthy erklärt Flick nun, warum er den Künstler für einen genialen Scharlatan hält. Währenddessen huschen ihm die Schatten einer Videoinstallation übers Gesicht, ein rammelnder Cowboy wirft sich ihm rhythmisch ins Licht. Flick beschreibt die Kunst, während sie sich in ihn einschreibt – eleganter als in dieser Einstellung kann man die Abspaltung des Sammlers von seiner Kunst nicht als Wunschdenken vorführen.

Dabei rekapituliert Schwerfel die Diskussion über die Flick Collection auch auf durchaus konventionelle Art. Erst als drei der vertretenen Künstler zu Wort kommen, sprengt der Film den von den Feuilletons abgesteckten Debattenrahmen. Pipilotti Rist, Jason Rhoades und Margaret Thater erklären, warum sie mit Flick und seinem Geld kein Problem haben: Eigentum sei doch schon immer Diebstahl gewesen – da müsse man doch von Glück reden, dass sich Flick wenigstens der Kunst angenommen habe. Kunsthistoriker Beat Wyss fasst diese Position mit dem schockierendsten Satz des Films zusammen: „Die Kunst ist immer im Bett des Siegers.“

„Acht Bilder zum Nachdenken, ob’s so weitergeht“. In einer der letzten Einstellungen wird dieser Satz über eine Gesamtansicht des Hamburger Bahnhofs geblendet – und wird so zum Urteil über das Museum selbst, ein System, in dem es keine Unschuldigen gibt. Schon gar nicht die Kunst. HANNAH PILARCZYK

„Die F. C. Flick Collection – Acht Bilder zum Nachdenken, ob’s so weitergeht“. 22.10 Uhr, Arte