Der will nur Nazi spielen

Prinz Harry, britischer Thronanwärter, macht mit einem Nazi-Outfit Schlagzeilen. Der 20-Jährige war mit Hakenkreuz-Armbinde und Uniform auf einer Party erschienen. Das geht selbst den Briten zu weit

VON RALF SOTSCHECK

Wo waren eigentlich Prinz Harrys Aufpasser? Das Boulevardblatt Sun druckte gestern ein Foto des 20-jährigen Queen-Enkels ab, auf dem er bei einer Party die Uniform des Afrika-Korps mit Hakenkreuz-Armband und Wehrmachtsabzeichen trägt. In der rechten Hand hält er ein Getränk, in der linken eine Zigarette. Die Kostümparty, die ein guter Freund Harrys vor einer Woche gegeben hatte, stand unter dem Thema „Kolonialisten und Eingeborene“. Offenbar waren aber nicht nur gute Freunde anwesend: Einer hat das Foto der Sun verkauft.

Die Pressestelle der königlichen Familie veröffentlichte gestern eine Entschuldigung im Namen des Prinzen. „Es tut mir sehr Leid, wenn ich jemanden beleidigt oder blamiert haben sollte“, heißt es darin. „Das Kostüm war schlecht gewählt.“ Das findet der Jüdische Verband Großbritanniens auch. Ein Sprecher sagte, das Kostüm zeuge von schlechtem Geschmack, vor allem so kurz vor dem Holocaust-Gedenktag am 27. Januar. Rabbi Jonathan Romain zeigte mehr Verständnis. „Die Tatsache, dass die Familie eine Entschuldigung veröffentlicht hat, deutet darauf hin, dass sie wissen, dass der Prinz einen Fehler gemacht hat“, sagte er.

Innenminister Charles Clarke war ebenfalls mit Harrys Presseerklärung zufrieden. „Er hat sich entschuldigt, und damit sollten wir es bewenden lassen“, sagte er. Dem jüdischen Tory-Chef Michael Howard reicht die Entschuldigung dagegen nicht. „Es wäre angebracht, wenn er uns erzählt, wie zerknirscht er wirklich ist“, sagte er. Andy Pike von der Organisation „Unite Against Fascism“ findet auch, dass der Prinz ein bisschen mehr tun müsse. „Harry muss sich öffentlich von der Naziideologie, dem Antisemitismus und dem Rassismus distanzieren, denn er ist eine einflussreiche Persönlichkeit“, sagte Pike.

Dem früheren Pressesprecher im Buckinghampalast, Dickie Arbiter, tut der Vater Leid. „Prinz Charles ist Humanist“, sagte er. „Er leistet tolle Arbeit. Aber er lässt bei seinen Kindern die Disziplin schleifen, vor allem bei Harry.“ Vor drei Jahren zwang Charles seinen Jüngsten, mit ihm eine Drogenklinik zu besuchen, nachdem Harry beim Rauchen von Marihuana erwischt worden war. Vergangenen Oktober geriet er in eine Schlägerei mit einem Paparazzi, der versucht hatte, ihn beim Verlassen eines Londoner Nachtclubs zu fotografieren.

Prinz Harry, der nicht nur wegen seiner roten Haare „Feuerkopf“ genannt wird, ist immer für eine Geschichte in der Boulevardpresse gut. Voriges Jahr musste er früher als geplant aus Argentinien abreisen, nachdem er seine Leibwächter abgehängt und in Kneipen randaliert haben soll. Außerdem gab es Gerüchte, dass er bei seiner Abitur-Prüfung geschummelt habe. Die Schulaufsicht erklärte daraufhin jedoch, dass die Beweise dafür nicht ausreichten.

Auch auf sein Liebesleben haben die Reporter ein wachsames Auge. Zur Zeit soll er mit der 19-jährigen Chelsy Davey liiert sein. Sie ist die Tochter eines Geschäftsmannes aus Simbabwe, der enge Beziehungen zu Robert Mugabe pflegt. Auf die Frage nach seiner Freundin antwortete Harry: „Sie ist jedenfalls nicht schwarz oder so was.“

Harry soll in einem halben Jahr auf die Militärakademie Sandhurst geschickt werden. Der ehemalige Staatssekretär für die Armee, Doug Henderson, hält das für keine gute Idee. „Dieser junge Mann ist nicht für Sandhurst geeignet“, sagte er. „Bei jedem anderen hätte man die Aufnahme nach solch einem Zwischenfall nicht mal in Erwägung gezogen. Er sollte seinen Antrag umgehend zurückziehen.“

Auf Nazigeschichten in Verbindung mit dem Königshaus reagiert die britische Öffentlichkeit seit Edward VIII. besonders sensibel. Der musste 1936, nicht mal zwölf Monate nach seiner Thronbesteigung, abdanken, weil die Londoner Regierung mit seiner Heirat der zweimal geschiedenen Wallis Simpson nicht einverstanden war. Sie und Edward, der nun Herzog von Windsor war, unterstützten die Nazis, um nach einer Besetzung Englands den Thron zu übernehmen. Die beiden statteten Hitler im Jahr 1937 einen freundschaftlichen Besuch ab. Die Naziregierung reaktivierte die Kontakte im Juni 1940 und nahm die Verhandlungen mit Edward auf, um ihn „zu gegebener Zeit“ – also nach dem Sieg über England – als König wieder einzusetzen.

Die Sun hatte gestern eine Empfehlung für die Windsors: Wenn Elizabeth’ Sohn Prinz Edward Ende des Monats nach Auschwitz reist, um an der Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers teilzunehmen, soll er seinen Neffen Harry mitnehmen.