„Auch heimliche Aids-Tests sind verboten“

Der BGH hat heimliche Vaterschaftstests verboten. Familienrechtler Thomas Meysen zum Urteil und seinen Folgen

taz: Herr Meysen, der BGH hat entschieden, dass heimliche Vaterschaftstests vor Gericht nicht verwertbar sind. Bricht damit der Markt für heimliche Tests zusammmen?

Thomas Meysen: Nein, das glaube ich nicht. Den meisten Männer geht es zunächst darum, Gewissheit zu haben, ob sie Vater sind oder nicht. Deshalb wird es weiter heimliche Tests geben.

Aber wenn ein Mann erfährt, dass er gar nicht der Vater ist, dann nützt es ihm nichts …

Das Ergebnis des unzulässigen Tests kann zwar nicht als Anfangsverdacht für eine offizielle Vaterschaftsanfechtung genutzt werden. Aber wenn ein Mann erst mal sicher weiß, dass er nicht der Vater ist, dann kann er zum Beispiel die Mutter mit dem Testergebnis konfrontieren. Wenn sie ihm gegenüber einräumt, dass sie im Zeitraum der Empfängnis auch mit anderen Männern geschlafen hat, dann kann die Anfechtung darauf gestützt werden.

Die leichte Verfügbarkeit der neuen Technik macht ein Verbot schwer durchsetzbar. Muss der Gesetzgeber hier hart bleiben?

Ja. Heimliche Tests müssen verboten bleiben. Der Staat muss auf neue Technologien reagieren, so wie er es auch früher getan hat. Zunächst war nur das Öffnen fremder Briefe verboten, jetzt ist auch das Mithören fremder Telefongespräche oder das Lesen fremder E-Mails strafbar.

Aber ein Mann hat doch ein legitimes Interesse zu wissen, ob er Vater eines Kindes ist …

Er hat auch ein legitimes Interesse zu wissen, ob seine Partnerin Aids-positiv ist. Dennoch darf er sie nicht heimlich testen.

Ist ein Jahr Haft als Strafdrohung für heimliche Tests nicht überzogen?

Ja. Harte Strafen sollten vor allem die Labors treffen. Bei den Auftraggebern der Tests genügen Geldstrafen. Für viele ist es schon schlimm genug, überhaupt strafrechtlich verurteilt zu werden.

200 Euro Geldstrafe sind aber nicht abschreckend, wenn ich zehntausende Euro an Unterhalt sparen kann.

Mit einem heimlichen Test allein kann ich die Vaterschaft – und damit die Unterhaltspflicht – ja gerade nicht anfechten, wie der BGH nun entschieden hat. Deshalb dürften auch moderate Geldstrafen abschreckend wirken.

Als Ausgleich für das strikte Verbot heimlicher Tests hat Justizministerin Zypries angekündigt, die gerichtliche Anfechtung der Vaterschaft zu vereinfachen. Derzeit genügt kein vager Verdacht, sondern ein Vater muss konkrete Tatsachen benennen, die gegen seine Vaterschaft sprechen, und dann hat er nur zwei Jahre Zeit, tatsächlich vor Gericht zu gehen.

Ich finde die kurze Frist richtig. Wer sich einmal dafür entschieden hat, Vater zu sein, soll diese Rolle später nicht mehr in Frage stellen. Es tut einer Familie nicht gut, wenn die mögliche Vaterschaftsanfechtung ständig als Druckmittel im Raum steht.

Wenn der Zweifel nagt, tut es doch aber Beziehungen auch nicht gut, weder der zur Mutter noch der zum Kind …

Richtig. Aber es ist ja auch nicht verboten, den Zweifel zu beseitigen. Es muss nur offen geschehen. Wer sich seiner Vaterschaft nicht sicher ist, sollte offen mit der Mutter darüber sprechen und sie um die Zustimmung zu einem Test bitten. Eine frühzeitige Klärung der Situation ist oft besser als jahrelanger unausgesprochener Zweifel. INTERVIEW: CHRISTIAN RATH