Geld regiert Viva-Welt

Ob es für die Kölner Viva-Belegschaft noch eine Zukunft gibt, bleibt auch nach der Aktionärsversammlung unklar

Köln taz ■ Der Saal der Viva Media AG im Industrieviertel an der Mülheimer Schanzenstraße ist nur übersichtlich gefüllt. Eine Handvoll Kleinaktionäre versucht an diesem Freitag, eine Diskussion zur Übernahme des Kölner Musiksenders durch MTV anzuzetteln. Die Unternehmensfunktionäre üben sich in Zurückhaltung. Unter Hinweis auf die rechtliche Lage verweigert Viva-Vorstandsvorsitzender Dieter Gorny jede konkrete Angabe.

Die Mitarbeiter hatten allerdings sowieso keine Gelegenheit, an dem Diskussionsversuch teilzunehmen. Die Hauptversammlung wurde systematisch abgeschottet, auch Betriebsrats-Chef Thomas Diekmann hätte eigentlich nicht rein gedurft. „Ich hab mir aber einfach noch ein paar einzelne Aktien besorgt, so dass ich jetzt doch noch Zutritt habe.“ Selbst die Presse wurde in einen Nebenraum verfrachtet.

Für den Standort Köln steht bei Viva nahezu alles auf dem Spiel. Betriebsrätin Sonja Eckmann meint, dass der größte Teil der bisher rund 290 Viva-Mitarbeiter von Arbeitslosigkeit bedroht ist. „Wir gehen davon aus, dass nach der Übernahme vielleicht noch 20 oder 40 übrig bleiben.“ Immer wieder machen auch Gerüchte über einen kompletten Umzug der TV-Mannschaft nach Berlin die Runde. Gorny sagt auf der Versammlung, ein Stellenabbau sei sicher unvermeidlich. Einzelheiten könne er aber noch nicht mitteilen, weil das eben Sache des neuen Eigentümers sei. Erst wenn der entsprechende Beherrschungsvertrag verabschiedet und gültig sei, könne über die neue Ausrichtung des Unternehmens gesprochen werden.

Auch die Standortfrage lässt Gorny bewusst offen. „Bisher haben sich vier Programme auf dem deutschen Musikmarkt Konkurrenz gemacht“, sagt er. „Das wird sich jetzt ändern.“ Jedes Programm von MTV und Viva werde sich auf eine „Teil-Zielgruppe“ konzentrieren, weil weder die Zuschauer noch der Werbemarkt nahezu gleiche Musikkanäle bräuchten.

Obwohl angeblich noch keinerlei unternehmenspolitische Weichenstellungen vom Viva-Großaktionär MTV (rund 98 Prozent) gemacht wurden, kann man den ersten Schritt in diese Richtung bereits am kommenden Montag mit einem neuen Programmschema beim Kölner Sender beobachten.

Bei der Versammlung hätten die Kleinaktionäre über die komplette Übernahme durch MTV gerne mehr erfahren. „Unternehmenskonzepte werden doch nicht von heute auf morgen gemacht“, sagt ein Anleger-Sprecher. Möglicherweise seien die Beschlüsse der Versammlung auch gar nicht gültig. Die meisten Kleinanleger wollen an diesem Tag aber vor allem erreichen, dass der Kurs für die Zwangsablösung der Mini-Anteilseigner hoch getrieben wird. Ihnen ist fast egal, wo und wie Viva künftig sendet: Hauptsache, die Kasse stimmt. Frank Überall